Alle Jahre wieder – Volkstrauertag an geschichtsbelasteten Denkmälern

Wir beantragen:

  1. Wir fordern die Stadt und den Oberbürgermeister auf, ein Konzept für eine andere Gedenkkultur zu schaffen. Eine Gedenkkultur, in der die zivilen Opfer im Vordergrund stehen.
  2. Wir fordern, dass die Stadt mit dem Oberbürgermeister an der Gedenkfeier des DGB und der Friedensbewegung vor dem Mahnmal der Opfer des Faschismus in Stuttgart anlässlich des Weltfriedenstages (1.9. Ausbruch des 2.Weltkrieges) zukünftig teilnimmt.
  3. Wir fordern eine Überarbeitung der Inschriften der Denkmäler (1).
  4. Wir fordern die Einstellung des Liedes vom „toten Kameraden“ an offiziellen Gedenktagen.
  5. Wir fordern eine Begründung dafür, warum die Stadt Stuttgart vor solchen Denkmälern offizielle Gebinde ablegt.
  6. Wir fordern eine Beantwortung der Frage, wie viel Geld für die Erhaltung von Kriegerdenkmälern ausgegeben wird.
  7. Wir fordern, dass die Stadt bis zum 15.5.2024 (internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerung) das Denkmal für die Deserteure an den geplanten und beschlossenen Platz (Parkplatz vor dem Waisenhaus) zu verlegen.
  8. Wir fordern, dass der Gedenkgrabstein der Württemberger Kolonialkrieger auf dem Waldfriedhof entfernt wird und ins Museum übergeben wird.
  9. Wir fordern eine Erklärung des OB Nopper, warum er in Zeiten des immer stärker werdenden Antisemitismus an einem Denkmal eines Künstlers redet, der Hitler unterstützt und verherrlicht hat.

Begründung:

Auf vielen Friedhöfen und im öffentlichen Stadtbild Stuttgarts befinden sich sogenannte „Kriegerdenkmäler“, die die Soldaten der zwei von Deutschland ausgehenden Weltkriege, insbesondere des Ersten Weltkrieges, als Helden verehren. Zum Beispiel: Stuttgart Feuerbach Friedhof „EHRE DENEN, DIE IHR LEBEN GABEN 1914-1918 1939-1945“ (1)

Es ist Zeit, nicht den sogenannten Helden, sondern den Opfern der Zivilbevölkerung zu gedenken. Dabei sind auch Soldaten, die aufgrund von Kriegspropaganda und Einzugsbefehlen in diese sinnlosen Kriege zogen nicht nur Täter, sondern ebenso Opfer. Es waren keine Helden, die in Verdun oder vor Stalingrad (Wolgograd) starben. Nach über 100 Jahren sind fast nur noch übergroße Denkmäler von Soldaten übrig, nicht die der Opfer, wie z.B. die der Bevölkerung der überfallenen Länder, den Verhungerten, Vergewaltigten, an Kriegskrankheiten Verstorbenen, Deserteuren…

Alljährlich finden am sogenannten Volkstrauertag Gedenkveranstaltungen statt. Diese werden vor allem an solchen Gedenktafeln, wie sie oben beschrieben wurden, abgehalten. An den zentralen Veranstaltungen nehmen sogenannte Veteranen, Burschenschaftler, führende Bundeswehrangehörige und US-Kommandeure teil. So soll an alle Soldaten gedacht werden, die in der Wehrmacht, in Afghanistan/Mali oder in den völkerrechtswidrigen Kriegen im Irak oder Ex-Jugoslawien teilnahmen.

Wir finden es makaber, dass zu solchen Anlässen das Lied vom „toten Kameraden“ gespielt wird und kriegsverherrlichende Kränze abgelegt werden.

Dieses Jahr bekamen die Stadträt:innen eine Einladung zum Volkstrauertag, mit städtischen Briefkopf,  zur Gedenkfeier des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Gedenkworte sollten vom Herr Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper gesprochen werden. Die Veranstaltung fand an dem Denkmal „Mutter Erde“ des Künstlers Fritz von Graevenitz statt. Graevenitz hat sich in Schrift und bildnerischem Schaffen früh den Nationalsozialisten angedient, er hat Hitler, den Krieg und das Volkstum in seinen Werken verherrlicht. Fritz von Graevenitz war ein hochbegabter Künstler. Doch wie viele andere Kunstschaffende hat er seine Kunst verraten, indem er sie in den Dienst der mörderischen nationalsozialistischen Politik stellte.

Aktuell nimmt der Antisemitismus in Deutschland rapide zu und es ist unverständlich, warum OB Nopper zu einer Veranstaltung an einem solchen Denkmal geht und dort auch noch redet.

(1) Stuttgart-Waldfriedhof: „Tausend liebe Freunde, Brüder in des Vaterlandes tot starben sie den Opfertod.“ Opfertisch Inschrift „Den achttausendfünfhundert Gefallenen -1914-1918- als Gelöbnis der Treue – Die Bürger der Stadt Stuttgart- zum Gedächtnis“ außerdem noch mehrere Gedenksteine verschiedener Armeeverbände u.a. auch ein Gedenkstein der Württemberger, die in den deutschen Kolonien starben

Stuttgart (Ehrenbuch) „zum bleibenden Gedächtnis an unsere toten Helden“

Bad Cannstatt (Feuerwache 3) Gedenktafel „Den Heldentod für das Vaterland starben im Weltkrieg 1914-1918 – Den Gefallenen des 2. Weltkrieges 1939-1945“

Stuttgart Feuerbach Friedhof „EHRE DENEN, DIE IHR LEBEN GABEN 1914-1918 1939-1945“

Kaltental Friedhof Feldbergstraße „ZU EHREN DER GEFALLENEN DER GEMEINDE KALTENTAL 1914 – 1918 1939 – 1945“

Obertürkheimer Friedhof „UNSEREN HELDEN IM WELTKRIEG 1914–18“

Sillenbucher Friedhof „Fürs Vaterland starben:“ 1. Weltkrieg

Kirche in Stammheim. „IHR GEIST LEBT“ „1914 1918 DEN FÜR DAS VATERLAND GEFALLENEN HELDENSÖHNEN DER GEMEINDE STAMMHEIM GEWIDMET“