Neues Landesgesetz ermöglicht effektivere Verfolgung des Zweckentfremdungsverbots – Stellen schaffen und Verdachtsfälle ermitteln

Wir beantragen:

  1. Die Stadt geht entschieden gegen den Wohnraummangel durch Leerstand und Zweckentfremdung vor und schafft zur Verfolgung dieser Tatbestände und deren Aufhebung zehn zusätzliche Stellen
  2. Die Stadt nutzt das neue Gesetz vom Land Baden-Württemberg zur Änderung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes von Wohnraum nach Inkrafttreten und führt eine Registrierungspflicht für das Anbieten und Bewerben von Ferienwohnungen, sowie zusätzlich eine Anzeigepflicht für jede einzelne Überlassung von Wohnraum als Ferienwohnung ein.
  3. Die Verwaltung bereitet auf Grundlage des aktuellen Gesetzentwurfes eine Satzungsänderung vor, so dass unmittelbar mit Wirksamwerdens des Gesetzes die Gremien darüber beraten und Beschluss fassen können und die Verwaltung die neuen Instrumente unverzüglich anwenden kann.
  4. Die Verwaltung nimmt Kontakt zu den Betreibern des Internetportals „Inside Airbnb“ auf mit dem Ziel, eine Datenanalyse von AirBnB Inseraten für Stuttgart zu erhalten, analog zu den bereits erfolgten Datenermittlungen von AirBnB Inseraten des Portals für die Städte Berlin und München.

Begründung:

Das reformierte Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes vom Land Baden-Württemberg erleichtert die Ahndung von Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum erheblich. Unter diesen neuen Rahmenbedingungen ist es für die Stadt Stuttgart möglich, konsequenter und effektiver gegen Wohnraummangel durch Zweckentfremdung und Leerstand vorzugehen.

Der Zustand von über eintausend leerstehenden Wohnungen (viele davon unbegründet) bei gleichzeitig über 4.000 Haushalten in der Vormerkdatei für eine Sozialwohnung ist untragbar. Im vergangenen Jahr standen 4.564 Haushalte auf der Warteliste für eine Sozialwohnung, davon alleine 2.975 Dringlichkeitsfälle. Viele Familien und Alleinerziehende sind aufgrund des Wohnraummangels in völlig ungeeigneten Sozialhotels untergebracht, für die die Stadt über 5 Millionen Euro jährlich aufwenden muss.

Derzeit sind beim Baurechtsamt der Landeshauptstadt Stuttgart zwei Stellen für die Bearbeitung von Verfahren nach der Zweckentfremdungsverbotssatzung vorhanden, in München sind es über zwanzig Stellen. Seit Einführung der Satzung für Stuttgart wurden Bußgelder von nicht einmal 5.000 Euro verhängt, während z.B. in München alleine im Jahr 2017 Bußgeldbescheide in Höhe von 851.110 Euro ausgestellt wurden. Hier muss dringend nachgebessert werden. Bisher wurde von Seiten der Verwaltung argumentiert, dass eine Stellenaufstockung aufgrund der derzeitigen Rechtslage und fehlender Instrumente zur Verfolgung und Zweckentfremdung nicht sinnvoll sei. So beschrieb die Verwaltung die Tätigkeit in einer Stellungnahme vom 11.11.2019 (GRDrs 1282/2019) wie folgt: „Die Möglichkeiten der Behörde beschränken sich im Moment auf die Feststellung eines Verdachtsfalls, der dann aber nicht konkretisiert werden kann.“

Durch das Gesetz zur Änderung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes vom Land ändern sich die Ausgangsbedingungen zur Ahnung von Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum erheblich. Teil des Gesetzes ist die Einführung einer Auskunftspflicht für Betreiber von Internetportalen zur Vermittlung von Ferienwohnungen bei hinreichendem Anfangsverdacht. Nun können durch Internetrecherche Vermietungsobjekte identifiziert werden, bei denen eben dieser Anfangsverdacht besteht. Hier können dann Vermietungsdaten und Vermieter durch die Möglichkeit der Auskunftspflicht abgefragt werden, wodurch ein erhärteter Verdacht der illegalen Vermietung verfolgt werden kann. Neben den Inseraten von AirBnB können weitere Onlineplattformen wie z.B. hc24.de oder urbanBnB hinsichtlich einer möglichen Zweckentfremdung von Wohnraum untersucht werden.

Die Gesetzesänderung ermächtigt die Gemeinden außerdem eine Registrierungspflicht einzuführen, der genehmigungspflichtige und genehmigungsfreier Wohnraum unterfällt, der für Zwecke der Fremdbeherbergung genutzt wird. Wird Wohnraum für diesen Zweck genutzt, hat der dinglich Verfügungsberechtigte dies vorab anzuzeigen. Die Gemeinde teilt dem Anzeigenden eine Registrierungsnummer mit. Diese muss beim Anbieten und Bewerben des für diesen Zweck genutzten Wohnraums dann stets und für die Öffentlichkeit gut sichtbar angegeben werden. Zusätzlich können Gemeinden eine Anzeigepflicht für jede einzelne Überlassung von Wohnraum an wechselnde Nutzer zum Zwecke des nicht auf Dauer angelegten Gebrauchs vorsehen.

Verstöße gegen die Auskunfts- Registrierungs- und Anzeigepflicht können nach dem neuen Gesetz mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Hiervon muss die Stadt im Sinne einer Verhinderung von Zweckentfremdung unmittelbar Gebrauch machen.

Eine weitere Möglichkeit potentielle Verdachtsfälle zu ermitteln ist eine fortlaufende Datenanalyse der AirBnB-Webseite durch eine Zusammenarbeit mit den Betreibern des Portals „Inside Airbnb“ (www.insideairbnb.com). „Inside AirBnB“ ist ein unabhängiges Projekt, das auf der AirBnB-Webseite öffentlich zugängliche Daten erfasst und sammelt. Die Daten werden unter einer sogenannten Public-Domain-Lizenz verfügbar gemacht.