Von Christoph Ozasek
Im Alleingang entschied die Verwaltung Mitte Juni, zwei vertikale Mooswände mit integrierter Sitzgelegenheit – sogenannte „City-Trees“ – an der B14 aufstellen zu lassen. Im Beisein der Presse wurden diese von OB Fritz Kuhn und Technikbürgermeister Dirk Thürnau wortreich angepriesen. Der Hersteller behauptete, ein solches Modul sei in der Lage, die Luft in einem Ausmaß von Schadstoffen reinigen, wie es satte 275 Bäume tun. Das technische Wunderwerk kompensiere also mit Leichtigkeit die Baumrodungen im Schlossgarten und der Innenstadt aus den zurückliegenden Jahren grüner Amtsführung, da sind die läppischen 30.000 Euro pro „City-Tree“ quasi ein Schnäppchen!
Nun lief es für den Oberbürgermeister und sein Gefolge aber nicht so optimal wie erwartet: die behauptete Reinigungswirkung von 275 Bäumen hat der Hersteller vorsorglich von der Webseite entfernt. Jetzt heißt es in bester Werbesprache: „Ein besonderer Entwicklungsschwerpunkt liegt auf der stetigen Verbesserung der Umweltleistungsfähigkeit des City-Trees, die wir von unabhängigen Experten in komplexen Labor- und Feldversuchen überprüfen und begutachten lassen.“
Doch nicht nur diese Rolle rückwärts mahnt zur Vorsicht, denn reihenweise scheiterten Feldversuche in anderen Kommunen: „City-Tree verrottet im Essener Hbf“, titelte etwa die Zeitung Der Westen. „Spinnmilben haben dem City-Tree den Rest gegeben“, stellte das Medium fest.
Man hätte nur nach Reutlingen blicken müssen: Das knappe Fazit der dortigen Baubürgermeisterin Ulrike Hotz: Das Projekt ist gescheitert, weil der Effekt ausbleibe. So sollen die Wände bald abgebaut werden, wie es das Schwäbische Tagblatt am 18. Mai 2018 meldete.
Und Stuttgart? Die Verwaltung gibt sich schmallippig: man habe etwas zu unkritisch die Hochglanzbroschüre des Herstellers zitiert, darüber hinaus gehe es nicht um Luftreinigung, sondern um Stadtbegrünung, wie der Pressesprecher des Oberbürgermeisters kleinlaut zugeben muss. Seit Projektstart hatte die Anlage bereits zwei technische Aussetzer, da Wasser aus dem inneren Kreislauf austrat. Ebenfalls wenig schmeichelhaft ist die Tatsache, dass das Umweltamt bei der Beschaffung der City-Trees nicht eingebunden war und sogar aktiv davor gewarnt hatte.
Die Marketingmasche des Herstellers geht unterdessen offenbar unbeirrt weiter: Die Anlage aus dem Essener Hauptbahnhof wird zu Werbezwecken weiter fotografisch dargestellt – obwohl diese längst verfault und abgebaut ist. Und auf der Landkarte zeigt der Hersteller stolz, wo die Anlagen überall stehen. Stuttgart hat man wohlweislich erst gar nicht aufgenommen – in weiser Voraussicht, dass die Anlage bald wieder verschwindet?