Stuttgart unterstützt das Land Baden-Württemberg bei der Suche und Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Geflüchtete

Wir beantragen:

  1. Die Stadt Stuttgart unterstützt das Land Baden-Württemberg bei seiner Suche nach geeigneten Arealen auf ihrem Stadtgebiet für eine Landeserstaufnahmestelle (LEA).
  2. Die Stadtverwaltung setzt sich mit dem Land ins Benehmen, dass auf dem Eiermann-Areal in Stuttgart-Vaihingen keine Landeserstaufnahmestelle errichtet wird, weil hier inzwischen gute Chancen für die Einleitung einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) bestehen.
  3. Die Stadt erarbeitet eine strategische Planung zur langfristigen Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten und ihren Kindern

Begründung:

Der SWR wie auch die Stuttgarter Zeitung berichteten, dass die Landesregierung auf der Suche nach neuen Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) ist, um weitere Plätze für ankommende Geflüchtete zu schaffen.

Stuttgart hat bisher zu wenig Geflüchtete aufgenommen, denn gemäß der Berechnung nach dem Königsteiner Schlüssel hätte sie eigentlich schon 1400 Geflüchtete mehr aufnehmen müssen. Wir fordern die Stadtspitze erneut auf, ein strategisches Planungsinstrument zur langfristigen Unterbringung einer steigenden Zahl von Geflüchteten zu entwickeln, wie wir dies bereits in Antrag 55/2023 dargelegt haben. Auch in den Haushaltsberatungen hatten wir dafür extra mehr personelle und finanzielle Ressourcen beantragt, was jedoch leider mehrheitlich abgelehnt wurde.

Unsere FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN TIERSCHUTZPARTEI sieht die Notwendigkeit, dass auch die Landeshauptstadt Stuttgart das Land Baden-Württemberg bei der Schaffung von neuen LEA-Kapazitäten nach Kräften unterstützt. Wir sind sicher, dass es auf dem Stuttgarter Stadtgebiet geeignete Areale für weitsichtige Lösungen gibt, sofern der Wille zum entschiedenen Handeln da ist. So können wir uns z.B. eine LEA auf Teilen des Cannstatter Wasens vorstellen, die aktuell nur als Parkplatz genutzt werden, ohne dass dies z.B. das Frühlingsfest einschränken würde. Ebenso sollte als Standort für eine LEA z.B. die Fläche am Neckarufer, die derzeit für Parkplätze an die Mercedes Benz Group vermietet wird, von der Verwaltung geprüft werden.

Sollte aber auf dem Eiermann-Areal durch das Land Baden-Württemberg jetzt eine LEA errichtet werden, würde dies die, inzwischen weit vorangeschrittenen, Planungen der Stadt für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) gefährden. Für das Vorkaufsrecht der Stadt und die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen braucht es triftige Gründe. Werden diese beliebig verändert, kann die juristische Basis für die Maßnahme entfallen.

Mit einer SEM könnten auf dem 20 Hektar großen ehemaligen IBM-Gelände 2000 Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung wie auch Systembauten für Geflüchtete geschaffen werden. Ebenso könnten Start ups, Gewerbe und Kreativwirtschaft angesiedelt werden und Räume für Kulturschaffende angeboten werden. Dies ist eine einmalige Chance für die Stadt Stuttgart. Insbesondere weil sich die Bebauung des Rosensteinviertels immer mehr zur Fata morgana entwickelt, könnte jetzt auf diesem Areal der größte Wohnungsbauschwerpunkt der Stadt entstehen.

Bereits im Jahr 2015 war das ehemalige IBM-Gelände (sog. Eiermann-Areal) in Stuttgart-Vaihingen als LEA im Gespräch. Bereits damals hatte unsere Vorgänger-Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS den Kauf des ehemaligen IBM-Geländes gefordert (Antrag 296/2015). Wir hatten es als Standort für einen LEA als geeignet betrachtet, wenn das Gelände (für eben diesen Zweck) in die öffentliche Hand überführt wird, notfalls beschlagnahmt wird und wollten durch den städtischen Erwerb den weiteren Verfall der denkmalgeschützten Eiermann-Gebäude stoppen. Um eine drohende Ghettoisierung der Geflüchteten zu verhindern, forderten wir auch damals schon eine funktionierende Nahverkehrsanbindung zum Stadtzentrum, schlugen ein Kreativ- und Gründerzentrum vor, sowie günstige Räume für Startups, Künstler:innen und Kulturschaffende.

Inzwischen sind wir viel weiter vorangeschritten und haben die reelle Chance, das Areal städtebaulich zu entwickeln. Denn der Gemeinderat hat mehrheitlich das Bebauungsplanverfahren gestoppt, damit keine weiteren Wertsteigerungen durch Spekulation möglich sind, eine Vorkaufsrechtsatzung für das Gelände ist geschaffen und auch die Einleitung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme beschlossen.

Die Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle erfolgt für längere Zeiträume und hat mindestens 10 Jahre Bestand. Damit sie nicht in Konkurrenz zu der aktuellen Entwicklungschance tritt, bitten wir die Verwaltung für die LEA vorrangig andere Areale in Stuttgart zu prüfen.

Allerdings muss es möglich gemacht werden, Geflüchtete auf dem ehemaligen IBM-Gelände – eine funktionierende Nahverkehrsanbindung zum Stadtzentrum und funktionsfähige Systembauten vorausgesetzt – so lange unterzubringen, bis mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme die Wohnbebauung begonnen wird. Nachdem dort Wohnraum entstanden sein wird, steht dieser selbstverständlich allen Bürger:innen, auch Geflüchteten, zur Verfügung.