Erinnerungskultur: Straßennamen mit NS- und Kolonialvergangenheit aufarbeiten!

Im Sinne einer zeitgemäßen Geschichtsauffassung versucht man vermehrt historische Persönlichkeiten in ihrer Ganzheitlichkeit darzustellen. So berücksichtigt auch die heutige Forschung die ambivalente Rolle Otto von Bismarcks als Reichskanzler und federführender Akteur bei der Berliner Afrika-Konferenz und lässt den Stand der Erkenntnisse in erinnerungskulturelle Debatten einfließen – auf kommunaler und nationaler Ebene.

Besonders sichtbar wird dieser Diskurs im Stadtbild. Denn Otto von Bismarck ist Namensgeber zahlreicher Straßen, Plätze und Denkmäler. In Stuttgart gibt es ebenso einige Orte, die den Namen ‘Bismarck’ tragen. Darunter der Bismarckplatz im Stuttgarter Westen.

Bundesweit haben einige Städte bereits Aufarbeitungs- und Diskursprozesse rundum Bismarck und das Thema „Straßennamen“ angestoßen. In Hamburg beispielsweise wurden mit ‘Rethinking Bismarck’ erste Maßnahmen zur Auseinandersetzung mit der Person entwickelt. Darüber hinaus haben Städte wie Tübingen, Freiburg, Darmstadt oder München bereits Prozesse etabliert, wie mit kritischen Fragen der Erinnerungskultur im Stadtbild umgegangen werden soll. Tübingen reflektiert z.B. diskutable Straßenbenennungen innerhalb eines Expert*innenbeirats und kontextualisiert diese mit künstlerischen Interventionen. Auch Freiburg ließ alle seine Straßennamen wissenschaftlich untersuchen. Zahlreiche weitere Städte befinden sich bundesweit bereits im Dialog zur Repräsentation von Personen im Stadtbild.

Maßnahmen

Im vorliegenden Antrag vom 27.07.2023 beantragt die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN eine Auseinandersetzung mit dem zukünftigen Umgang mit dem Stuttgarter Bismarckplatz. Die Koordinierungsstelle Erinnerungskultur wird beauftragt, ein Diskursformat durchzuführen und einen partizipativen Prozess zu entwickeln.

So steht es in der Drucksache zu Anträgen zur Erinnerungskultur, die im laufenden Doppelhaushalt gestellt wurde. Die Verwaltungsspitze hat hier aber ausgeklammert dass zu dem Thema seit zweieinhalb Jahren ein umfassender, viel weitreichenderer Antrag vorliegt „Straßennamen mit NS- und Kolonialvergangenheit – Stuttgart arbeitet seine Geschichte auf“ (Nr. 166/2020). In der Antwort der Verwaltungsspitze wurde verlautbart: „Die Verwaltung wird das weitere Vorgehen sorgfältig prüfen und unter Heranziehung und Auswertung von Projekten anderer Städte einen Verfahrensvorschlag vorlegen, der auch eine Beteiligung der Bürgerschaft berücksichtigt.“ Dies ist bis zum heutigen Tage nicht geschehen.

Wir beantragen:

Die Bereitstellung der notwendigen Finanz- und Personalmittel, um die im Antrag „Straßennamen mit NS- und Kolonialvergangenheit – Stuttgart arbeitet seine Geschichte auf“ (Nr. 166/2020) beschriebenen Prozesse und Beteiligungsverfahren in Gang zu setzen und umzusetzen.