Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bewegung – Kinderlärm und Ballsport-Geräusche sind keine Lärmbelästigung

Wir beantragen:

  1. Die Stadtverwaltung berichtet auf der übernächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses, durch wen die Schließung des Sportfelds an der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule veranlasst wurde.
  2. Die Stadtverwaltung/ Die Baurechtsbehörde erläutert, welche (bau-)rechtliche Begründung der Schließung des Außenspielfelds außerhalb der Schulzeiten zugrunde liegt.
  3. Die Stadtverwaltung sucht eine tragfähige Lösung, um dem Anspruch der Jugendlichen auf Bewegung im öffentlichen Raum gerecht zu werden. Sie legt dar, wie eine Öffnung und Nutzung des Basketball-Feldes an der Cotta-Schule außerhalb der Schulzeiten ermöglicht werden kann oder welche Alternativen zeit- und ortsnah geschaffen werden können.

Begründung:

Die Verwaltung hat jungen Menschen ab Ende März 2023 Ballsport auf dem Außenspielfeld der Cotta-Schule außerhalb der Schulzeiten untersagt hat. Sollten junge Menschen trotzdem auf dem Feld außerhalb der Schulzeiten spielen, nehmen Ordnungsbehörden und Polizei deren persönliche Daten auf.

Laut einem Arbeitsgruppen-Protokoll des Schulverwaltungsamts vom 29.3.2023 wurde ein Nutzungsverbot des Außenspielfelds außerhalb der Schulzeiten mit sofortiger Wirkung verhängt, wobei man sich auf eine „Rückmeldung des Baurechtsamts“ vom 24.3.23 beruft.

Noch vor Ostern haben wir beim Baurechtsamt angefragt, auf welcher rechtlichen Basis diese – für uns völlig unverständliche – Entscheidung fußt und welche Möglichkeiten für einen Kompromiss bestehen. Leider wurde seitens des Amtes bis heute nicht auf unsere Fragen reagiert. Wir hegen begründete Zweifel daran, dass das Argument des neuen Baurechts trägt. Denn, der Gesetzgeber stuft seit einer Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes in Artikel 22 1a)* Kinderlärm explizit nicht mehr als Lärmbelästigung ein.

Das im Protokoll festgehaltene Ergebnis empfinden wir unter sozial- und gesundheitspolitischen Gesichtspunkten niederschmetternd, weil es Kinder und Jugendliche an sportlichen Aktivitäten hindert.

Wir fordern die die Verwaltung auf, das Problem politisch zu lösen und nicht Ordnungsbehörde und Polizei mit Kontrollen zu beauftragen, die einer Kriminalisierung von sporttreibenden Jugendlichen gleichkommt.

Dieser Vorgang ist skandalös, weil insbesondere nach den Corona-Jahren – aber auch unabhängig davon -, Gesundheitsexperten seit langem mahnen und fordern, dass sich Kinder und Jugendliche mehr bewegen sollen und weniger Zeit sitzend am PC, Smartphone und Spielekonsolen verbringen sollen. Bei mangelnder Bewegung werden die Grundlagen für die allseits bekannten Zivilisationskrankheiten im Erwachsenenalter gelegt, was für Gesellschaft und Krankenkassen teuer zu stehen kommt. Zugleich müssen kostspielige Gesundheits- und Bewegungsprojekte auch von der Stadt Stuttgart finanziert werden, um gegen zunehmende Adipositas (Fettleibigkeit) mit allen absehbaren Folgeproblemen bei Kindern und Jugendlichen vorzugehen. Gegenüber der Cotta-Schule liegen viele Sozialwohnungen, wo Jugendlich beengt aufwachsen. Sie brauchen besonders dringend Raum für Bewegung. Stuttgart soll eine kinder- und jugendfreundliche Stadt sein. Die Stadtverwaltung wird auch im kommenden Doppelhaushalt wieder Anträge für kostspielige Gesundheitsprojekte vorlegen, damit Kinder und Jugendliche zu Sport animiert werden. Es ist völlig unverständlich, dass Kinder und junge Erwachsene daran gehindert werden, wenn sie mit Spaß an der Bewegung Sport in ihrer Freizeit treiben.

Wir begrüßen, dass es auch Anwohner:innen gibt, die sich für die Nutzung außerhalb der Schulzeiten des Basketball-Feldes stark machen und auf der Seite der Jugendlichen stehen. Auch der Bezirksbeirat hatte sich schon im Zuge des Bebauungsplanverfahrens einstimmig für die Offenhaltung des Sportplatzes zur Nutzung außerhalb der Schulzeiten ausgesprochen. Das Argument des neuen Baurechts zieht nicht, weil Ballsport nicht als Lärm zählt. Somit muss das Betretungsverbot außerhalb der Schulöffnungszeiten zurückgenommen werden.

*Artikel 22 Bundesimmissionsschutzgesetz lautet: „(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.“