Wir beantragen gemäß §34 Abs. 1 Satz 4*, folgende Fragen mündlich und schriftlich zu beantworten:
Fragen zu beiden 1. Mai Demos (vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und die „Revolutionäre 1. Mai-Demo“):
- Welche Art von Reizgas/Pfefferspray hat die Polizei an den beiden 1.-Mai-Demos gegen Demonstrant:innen eingesetzt?
- Warum hat die Polizei auf der DGB-Demonstration grundlos ein außergewöhnlich stark reizende Reizgas/Pfefferspray sowie Schlagstöcke gegen friedliche Demonstrant:innen eingesetzt?
- Wie begründet die Ordnungsbehörde und die Polizei ihr unterschiedliches Verhalten bei Demonstrationen der „0711 Querdenker“ im Vergleich zu den Demonstrationen am 1. Mai 2023 oder auch schon am Internationalen Frauentag am 8. März 2022.
Fragen zur 1. Mai DGB-Demo:
- Welche Auflagen gab es für die Demonstration des DGB am 1. Mai 2023, die um 10 Uhr am Marienpatz startete — und wie werden diese Auflagen begründet?
- Welche Auflagenverstöße wurden aus Sicht der Polizei begangen und begründen diese eine Blockade des Demozugs für 30 Minuten?
- Wie erklärt sich die Polizei die Zahl an 29 verletzten Demonstrierenden im Zuge der DGB-Demo?
- Warum hat die Ordnungsbehörde und die Einsatzleitung keine deeskalisierenden Maßnahmen während der DGB-Demo am 1. Mai umgesetzt, sondern im Gegenteil die Stimmung durch ihr martialisches Auftreten aufgeheizt?
- War bei der 1. Mai Demo des DGB ein Vertreter oder eine Vertreterin der Versammlungsbehörde gemeinsam mit der Polizei vor Ort? Wenn ja, wie hat die Vertreter:in vor Ort ihre:seine versammlungsrechtliche Entscheidungskompetenz wahrgenommen?
Fragen zur „Revolutionären 1. Mai-Demo“:
- Welche Auflagen haben die Ordnungsbehörde und die Polizei den Teilnehmer:innen der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ gemacht — und wie werden diese Auflagen begründet?
- Warum haben die Ordnungsbehörde und die Einsatzleitung keine deeskalierenden Maßnahmen während der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ ergriffen?
- Wie erklärt sich die Polizei die Zahl von 49 verletzten Demonstrierenden?
- Warum hat die Polizei auf der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ grundlos Reizgas/Pfefferspray und Schlagstöcke gegen friedliche Demonstrant:innen eingesetzt?
- War bei der „Revolutionären 1. Mai Demo“ ein:e Vertreter:in der Versammlungsbehörde gemeinsam mit der Polizei vor Ort? Wenn ja, wie hat die Vertreter:in vor Ort ihre bzw. seine versammlungsrechtliche Entscheidungskompetenz wahrgenommen?
* Antrag in den Fachausschuss
- 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg heißt es: „Auf Antrag einer Fraktion oder eines Sechstels der Gemeinderäte ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen“. Wir möchten von diesem Recht Gebrauch machen und bitten um fristgerechte Umsetzung.
Alternativ bietet Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN TIERSCHUTZ an – im Sinne der Beratungsreihenfolge, nach der Anträge zunächst im zuständigen Fachausschuss behandelt werden um anschließend in den Gemeinderat überwiesen zu werden – den Antrag im zuständigen Ausschuss aufzurufen, der am nächsten zur genannten Gemeinderatssitzung liegt. Sollte dies nicht möglich sein, möchten wir von unserem Recht Gebrauch machen und den Antrag in der übernächsten Sitzung im Gemeinderat aufzurufen.
Begründung:
Das Demonstrationsrecht ist ein Pfeiler unserer Demokratie. Auflagen und Einschränkungen müssen mit Augenmaß und verhältnismäßig ausgesprochen werden. Diese dürfen nicht wie von der Polizei Stuttgart am 1. Mai 2023 dazu missbraucht werden, mit Polizeigewalt eine Demonstration zu verhindern. Das Verhalten der Polizei in Zusammenarbeit mit der Ordnungsbehörde ist dringend erklärungsbedürftig. Wenn an einem Tag, wie am 1. Mai 2023 in Stuttgart mehr als 90 Personen infolge eines aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatzes medizinisch versorgt werden müssen, dann ist dieser Polizeieinsatz kritisch zu hinterfragen und aufzuklären.
Es wirft Fragen auf, wenn die Polizei gegenüber dem SWR lapidar sagt, es sei bei den Demonstrationen zu „unterschiedlichen Auflageverstößen“ vonseiten der Demonstrierenden gekommen. Der Einsatz von Schlagstöcken und Reizgas/Pfefferspray durch Polizeibeamt:innen bedarf einer Begründung, die für viele Teilnehmer:innen und Beobachter:innen nicht nachvollziehbar war. Eine Strategie der Deeskalation durch die Polizei war ebenfalls nicht zu erkennen.
Seit der Demonstration zum Weltfrauentag am 8. März 2022 erhärtet sich der Eindruck, dass die Strategie der Polizei bei Demonstrationen in Stuttgart auf eine härtere Gangart, ein massives Eingreifen und kleinliche wie überharte Aktionen wie auch Reaktionen hinausläuft. Während bei den Querdenker-Demonstrationen zu Corona-Zeiten beide Augen zugedrückt wurden, wenn gegen Auflagen verstoßen wurde und diese ‚Deeskalationsstrategie‘ damals vehement von der Polizei und den Ordnungsbehörden verteidigt wurden, war ein derartiges Vorgehen bei den beiden 1.Mai-Demos 2023 überhaupt nicht zu erkennen. Es kann nicht Ziel bei Demonstrationen sein, dass die Polizeikräfte immer massiver und schon bei kleinsten Verstößen umgehend in Demonstrationen eingreifen und mit voller Härte zuschlägt. Das zerstört jegliches Vertrauen in die Demokratie, hält zukünftig eventuell sogar Bürger:innen davon ab, ihr Demonstrationsrecht wahrzunehmen und führt zu einer aufgeheizten Stimmung in unserer Stadt, die unbedingt vermieden werden muss.
Die Demosanitäter äußerten sich in einer Pressemitteilung zu den Vorkommnissen am 1. Mai 2023 wie folgt: „Die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. ist sprachlos angesichts des eskalativen Vorgehens der Polizei und der massiven Gewalt, die von den Polizeieinsatzkräften gegen friedliche Demonstrant*innen eingesetzt wurde. Im Sinne einer Prävention künftiger Ereignisse dieser Art mit vielen Verletzten kritisieren wir das Verhalten der Polizei scharf und fordern sie auf zukünftig die Grundrechte von Demonstrierenden zu wahren.“