Polizeieinsätze öffentlich aufarbeiten, Demonstrationsrecht gewährleisten

Wir beantragen nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg den folgenden Antrag spätestens in der der übernächsten Sitzung (am 27. Juli 2022) des Gemeinderats auf die Tagesordnung des Gemeinderats zu setzen.

  • Die Versammlungsbehörde, das Ordnungsamt und der Bürgermeister des Referats Sicherheit, Ordnung und Sport berichten dem Gemeinderat, wie das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 in Stuttgart für Demonstrationen gewahrt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund der Demonstrationen gegen den (ursprünglich) am 2. Juli in Bad Cannstatt geplanten Parteitag der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften AfD und deren jetzt aktuell auf der Messe für den 16. und 17. Juli anberaumten Parteitag.

Begründung:

Es ist nicht das erste Mal, dass in Stuttgart ein Polizeieinsatz aus dem Ruder gelaufen ist. Am Schwarzen Donnerstag im Zuge der Proteste gegen das Projekt Stuttgart 21 kam es zu brutalen Übergriffen – Jahre später wurde dieser Einsatz abschließend per Gerichtsbeschluss als rechtswidrig verurteilt. Bei angemeldeten Demonstrationen des Bündnisses „Stuttgart gegen rechts“ kam es zuletzt am 2. Juli zu einem Polizeieinsatz, der aus unserer Sicht einer öffentlichen Aufarbeitung bedarf. Dies haben wir auch mit unserem Antrag „Polizeieinsatz gegen Demonstrierende am 2. Juli in Bad Cannstatt aufklären“ (Nr. 206/2022) deutlich gefordert. Es zeichnet sich aber bislang nicht ab, dass die Verwaltungsspitze und die Polizei Bereitschaft zeigen, öffentlich zu diesen Vorkommnissen und der Einsatzstrategie zu berichten.

Über einen fragwürdigen Polizeieinsatz in Frankreichs Hauptstadt Paris war die Tage folgendes zu lesen: „Der Pariser Polizeichef Didier Lallement hatte bereits nach den ersten Anhörungen zu dem Final-Chaos Anfang Juni von “Versagen” seiner Beamten gesprochen und sich bei den Besuchern für den Einsatz des Tränengases entschuldigt. “Es war ein Versagen, weil Leute herumgestoßen und angegriffen wurden. Es ist ein Versagen, weil das Image des Landes untergraben wurde”, sagte Lallement. Zugleich räumte Lallement ein, das französische Innenministerium bei der Schätzung von 30.000 bis 40.000 gefälschten Eintrittskarten “falsch informiert und vielleicht einen Fehler gemacht” zu haben.“[1]

Derart selbstkritische und klare Worte sind in Stuttgart bislang leider nicht gefallen, selbst wenn Gerichte nachträglich ganze Polizeieinsätze für rechtswidrig erklärt haben. Hier bedarf es einer dringenden, grundlegenden Änderung in der Betrachtung von Polizeieinsätzen.

Das Recht auf Versammlungsfreiheit muss gewährleistet bleiben, Ordnungsbehörden sind in der Pflicht auch Demonstrationen gegen Parteitage von Rechtsextremisten zu gewährleisten.

[1] https://www.n-tv.de/sport/fussball/Ausloeser-fuer-Eskalation-bei-CL-Finale-stehen-fest-article23461173.html