Wir beantragen:
- Die Verwaltung erarbeitet ein Konzept für ein Quartiersmanagement für das Leonhardsviertel
- Die Verwaltung beziffert die Kosten für die dafür erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen, damit der Gemeinderat im Vorgriff auf den Stellenplan bzw. Doppelhaushalt 2024/25 darüber zeitnah beschließen kann.
- Die Verwaltung nimmt Stellung zu diesem Antrag im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik sowie im Sozial- und Gesundheitsausschuss.
Begründung:
Auf Basis verschiedener Beschlüsse des Gemeinderats sind umfassende Veränderungen im Umfeld des Leonhardsviertels absehbar.
- Mit der geplanten Änderung des Bebauungsplans (GRDrs 840/2021) beabsichtigt die Verwaltung im Leonhardsviertel mehr ‘urbanes Wohnen’ zu ermöglichen und die Prostitution aus dem Viertel zu verbannen.
- Mit dem IBA-27-Projekt sollen die beiden innerstädtischen Quartiere Bohnenviertel und Leonhardsviertel zur Leonhardsvorstadt unter Vorgabe einer transparenten Bürgerbeteiligung zusammengeführt werden. Ziel ist, eine Symbiose aus Wohnen, Kultur und Nachtleben zu schaffen und das Viertel kulturell und sozial aufzuwerten. Wesentliche Bedeutung kommt hierbei dem Züblin-Parkhaus zu, das einer anderen Nutzung zugeführt werden soll, ob durch Abriss oder Neubau ist noch nicht entschieden.
- 2017 wurde der Zielbeschluss (Umgestaltung Hauptstätter Straße) gefasst, den Verkehr der mehrspurigen Bundesstraße 14 zu halbieren, so dass City und das Leonhardsviertel enger zusammenwachsen.
- Im ehemaligen Breuninger-Parkhaus entsteht ein Film- und Medienhaus.
Bewohner:innen des Leonhardsviertels treibt die – nicht unberechtigte – Sorge um, dass eine Gentrifizierung des Viertels droht, somit ihre Mieten stark ansteigen könnten und das Wohnen im Viertel für sie bald nicht mehr leistbar wäre. Der Unmut über mangelnde Kommunikation und Beteiligung beim Vorhaben der Bebauungsplanänderung war Anlass für zwei Petitionen seit Jahresbeginn.
Auch wenn seitens der Stadt versichert wird, dass sie darauf achten würde, dass keine Gentrifizierung stattfinden dürfe und bezahlbarer Wohnraum – unter anderem durch Immobilienkäufe und Sanierungen durch die SWSG – sichergestellt würde, ist Skepsis berechtigt.
Grundsätzlich sind die oben angeführten Gemeinderatsbeschlüsse und Vorhaben Treiber von Gentrifizierung. Die Frage nach der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Prostitutionsbetrieben im Viertel ist dabei nur einer von vielen Faktoren.
Die Stadtverwaltung sieht sich starker Kritik gegenüber, weil sie mit den Bewohner:innen, Gastronom:innen und Gewerbetreibenden aus dem Viertel nur unzureichend kommuniziert habe und Beratungsrunden zur Leonhardsvorstadt hinsichtlich der Zusammensetzung der eingeladenen Teilnehmer:innen intransparent gewesen seien.
Die komplexe Gemengelage an Ziel- und Interessenkonflikten muss transparent und strukturiert mit den Betroffenen vor Ort aufgearbeitet werden. Eine – in der Stuttgarter Zeitung am 9.6.22 von Bürgermeister Pätzold angekündigte – moderierte, aber solitäre Informationsveranstaltung reicht nicht aus. Daher beantragen wir ein Quartiersmanagement im Leonhardsviertel. Es braucht hier professionelle Kümmerer und Ansprechpartner:innen im Viertel, die im Austausch stehen mit Anwohner:innen, Vertreter:innen von Gastronomie und Gewerbe, mit Prostituierten und Strichern, deren Beratungsstellen mit karitativen und medizinischen Angeboten bis hin zur Ausstiegs-Beratung (La Strada, Café Strichpunkt, Hoffnungshaus etc.).
Für eine niederschwellige und kontinuierliche Gemeinwesenarbeit vor Ort soll von der Stadt die passende Infrastruktur mit Räumlichkeiten und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.