Wir fragen:
- Welche Schäden am Bauwerk des Wangener Tors bestehen und wie hoch schätzt die Verwaltung den finanziellen Aufwand zur Beseitigung von Schäden, die unmittelbar die Verkehrs- und Standsicherheit gefährden?
- Wie hoch wird der Kostenanteil für die Beseitigung von Schäden geschätzt, die ausschließlich durch Einsatz und Beauftragung von Fachpersonal (Architekt, Statiker, Bauingenieur, Handwerker) behoben werden könnten?
- In welchem Umfang könnten Sanierungsarbeiten – analog zum Bau des Tors vor über 35 Jahren – mit ehrenamtlichen (jungen) Menschen unter Anleitung von Fachpersonal/Architekt erfolgen?
- Wie könnte das Bauwerk durch neue Bautätigkeiten und neue Ideen zur Gestaltung und Belebung des öffentlichen Raums erweitert oder ergänzt werden (z.B. Nutzung des Tors als Bühne)? Unter Beteiligung von Jugendlichen und Bürger*innen könnte der Partizipationsansatz erneut aufgegriffen werden, dazu sollten aber auch Spielräume für neue Ideen geschaffen werden.
- Wer hat die Zuständigkeit für das Wangener Tor, wo liegen die Urheberrechte und wie steht die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft als Träger des Jugendhauses Wangen (welches in unmittelbarer Nähe zum Wangener Tor liegt) zum Erhalt des Bauwerks?
- Inwieweit besteht die Möglichkeit z.B. im Rahmen eines größeren IBA-Vorhabens, Leitlinien für den Umgang mit Baudenkmälern und Baukunst in der Region Stuttgart zu entwickeln? Hintergrund der Frage ist, dass beim Umgang mit Einzelobjekten wiederkehrend kritisiert wird, dass Baukunst und Baudenkmäler nur ungenügend wertgeschätzt, geschützt, gepflegt und erhalten würden (z.B. Hajek-Haus, Villa Windstoßer, Hübner-Pavillon an der Grundschule Stammheim)
Wir beantragen:
- Die Verwaltung berichtet im zuständigen Fachausschuss über den Zustand und die Planungen zum Wangener Tor und erstellt eine Kostenabschätzung zum Erhalt dieses schützenswerten und markanten Bauwerks.
Begründung:
Unter dem Gesichtspunkt der heutzutage als selbstverständlich formulierten und geforderten Bürger*innen- und Nutzer*innenbeteiligung war der Bau des Wangener Tors seiner Zeit weit voraus. Er steht für den Beginn von Partizipationsbestrebungen durch die Einwohner*innenschaft und ist gerade auch unter diesem Gesichtspunkt ein besonderes Projekt.
Mitte der 1980er Jahre wurde gemeinsam mit Jugendlichen dieses Tor am Ende der Eybacher Straße in Stuttgart-Wangen geplant, gebaut und gestaltet. Es wurde zur symbolischen „Eingangspforte“ auf das Gelände des Wangener Jugendhauses.
Kreative Ideen von jungen Menschen, flossen in die Gestaltung ein, Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund und Asylbewerber*innen arbeiteten unter der Leitung des Architekten Wolfgang Zaumseil gemeinsam über vier Jahre an diesem Bauwerk. Es wurde damit zu einem vorbildlichen Integrationsprojekt, das über Mitmachen, Spielen, Ausprobieren Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammenführte. Die Leitidee war, sich beteiligen und einbringen, sich den öffentlichen Raum aneignen anstatt ‚nur‘ zu konsumieren.
Im Auftrag des damaligen Jugendhausvereins e.V. wurde unter der Anleitung des Architekten Zaumseil mit über 100 Jugendlichen aus aller Welt das „Wangener Tor“ errichtet. Dieses ästhetische Kleinod fällt ins Auge, da es eine besondere Ausstrahlung hat. Roland Ostertag brachte es auf den Punkt: „Es vereint „Elemente aus verschiedenen Kulturen, so etwas ist nicht typisch für Stuttgart“ und er lobt es als „…ein mit wenig Geld erschaffener Hochkaräter“. Die Kosten beliefen sich – nicht zuletzt aufgrund des großen ehrenamtlichen Engagements – damals auf nur umgerechnet 45 000 Euro.
Mittel zur Wiederbelebung des Wangener Torbaus wären auch im Sinne des verstorbenen Architekten Roland Ostertag, der das Tor auf einem seiner Spaziergänge entdeckte, um „Wege vom Stadtteil zum Neckar“ zu finden. Insofern wäre auch ein kleiner Beitrag auf dem Weg zur „Stadt am Fluss“.
Dem Architekten Wolfgang Zaumseil wurde der Architekturpreis von 1994 „Bauen und Gestalten mit Vormauerziegeln und Klinkern“ verliehen.
Das Bauwerk wurde leider über viele Jahre nicht gepflegt, so dass inzwischen die Verkehrs- und Standsicherheit gefährdet sein soll. Dies wird als Begründung für einen nun geplanten Abriss des über 35 Jahre alten „Wangener Tors“ herangezogen, der unter dem Erhalt von Baukultur dringend verhindert werden soll.