Änderungsanträge zur Überarbeitung der Hauptsatzung – Mehr Demokratie, nicht weniger!

Wir beantragen, folgende Änderungen an der Hauptsatzung: 

  1. §1 Abs. 2: (Vorschlag): Verwaltung und Gemeinderat verpflichten sich, die Landeshauptstadt Stuttgart sozial, nachhaltig und transparent nach den Sustainable Development Goals (SDGs) der UN zu gestalten.
  2. §1a Öffentlichkeitsprinzip (Vorschlag): Das Öffentlichkeitsprinzip der GemO Baden-Württemberg wird im Rahmen des Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg (LIFG BW) so weitreichend wie möglich von der Verwaltung umgesetzt. Insbesondere werden die Bezirksbeiratsprotokolle datenschutzkonform analog zu den Protokollen des Gemeinderats und seiner beschließenden wie beratenden Ausschüsse im Internet veröffentlicht. Zudem werden Gutachten und Stellungnahmen der Ämter, Eigenbetriebe und externer Gutachter im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im Internet veröffentlicht. Numerische städtische Daten veröffentlicht die Stadt im Rahmen gesetzlicher Bestimmungen auf maschinenlesbare (Open Data) Weise.
  3. §1b Bürgerbeteiligung (Vorschlag): Die Landeshauptstadt Stuttgart beteiligt die Bürger*innen bei allen wichtigen Entscheidungen.
  4. §1b Abs. 2: Die Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt im Rahmen des rechtlich Möglichen Bürgerbegehren und Bürgerentscheide.
  5. §6 Allgemeine Zuständigkeit der beschließenden Ausschüsse §6 Abs. 2: Sollte erweitert werden (Vorschlag): Die Fraktionen haben das Recht, Anträge auf die Tagesordnung der regulär vorberatenden beschließenden und beratenden Ausschüsse zu setzen wie nach § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO.
  6. §18 Oberbürgermeister: Übertragung von Aufgaben des Gemeinderats an den Oberbürgermeister § 18 Abs. 1 Nr. 7. Ersetzung/Ergänzung: Der Oberbürgermeister informiert den Gemeinderat zeitnah und regelmäßig über alle Vorgänge von An- und Verkauf von Grundstücken und Liegenschaften ab einem Wert von 100.000 Euro. Dies betrifft auch Angebote, welche der Stadt gemacht werden, ob sie Grundstücke oder Liegenschaften erwerben möchte sowie eine ständig aktualisierte Liste der Vorkaufsrechte, welche die Stadt hat.
  7. Ferner wäre anzupassen: In der bestehenden Fassung der Hauptsatzung heißt es in § 3 Abs. 1 Nr. 24., der Gemeinderat sei zuständig für die Entscheidung über „Erwerb, Veräußerung und dingliche Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten mit Ausnahme der Ausübung von Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten (vgl. dazu § 18 Nr. 7) mit einem Wert im Einzelfall von mehr als 1,6 Mio. € (…)“. Hier wird der Teil ab (Vorschlag) „mit Ausnahme der Ausübung von Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten (…)“ ersatzlos gestrichen.
  8. In § 18 der Hauptsatzung steht: „Der Oberbürgermeister ist für die ihm durch Gesetz übertragenen Aufgaben und für die Geschäfte der laufenden Verwaltung zuständig (§ 44 Abs. 2 GemO, § 13 ZO). Darüber hinaus werden ihm gemäß § 44 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GemO folgende Aufgaben zur dauernden Erledigung übertragen, soweit es sich nicht bereits um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt:“ und im gleichen Paragraphen unter 7.1 „Erwerb, Veräußerung und dingliche Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und Bauwerken bis zu einem Wert von 520 000 € sowie Ausübung von vertraglichen und gesetzlichen Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten.“
    Antrag: Der Absatz 7.1 wird ersatzlos gestrichen, der §18 wird von der Verwaltung dahingehend überarbeitet, dass der Erwerb oder die Veräußerung von Grundstücken und/oder Liegenschaften nicht allgemein Aufgabe der laufenden Verwaltung ist, sondern ab 100.000 Euro in die Entscheidungsbefugnis des Gemeinderats übergeführt wird.“
  9. §19 Hauptamtliche Beigeordnete §19 Abs. 1 Satz 1 (nachfolgend Antrag): Das Vorschlagsrecht für die Wahl der Beigeordneten muss die Verhältnisse nach Fraktionen sowie Gruppen und deren Sitzen der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählergemeinschaften repräsentieren.
  10. §21 Bezirksbeiräte/-vorsteher §21 Abs. 4 Satz 2: Antrag: „Die zur Wahl angetretenen Parteien und Wählergemeinschaften sollen mit ihren Vorschlägen zur Bestellung im Verhältnis der bei der Wahl zum Gemeinderat (…)“ Antrag: ersetzen durch „Die nach der Wahl gebildeten Fraktionen und Gruppen sollten im Verhältnis zu ihren Stimmenzahlen in allen inneren Stadtbezirken erreichten Gesamtstimmenzahlen berücksichtigt werden.
  11. §21 Abs. 6 Satz 4: Antrag: „Auf die einzelnen Stadtbezirke darf hierdurch höchstens ein zusätzlicher Sitz entfallen“ sollte ersatzlos gestrichen werden.
  12. Die Streichung des Verwaltungsvorschlags zu §3 Abs. 1 Nr. 16: Zustimmung zur Errichtung und Aufhebung von Ämtern, sofern und soweit die Abgrenzung der Geschäftskreise der Beigeordneten betroffen ist. Antrag folgendes ist zu streichen: „(..)sofern und soweit die Abgrenzung der Geschäftskreise der Beigeordneten betroffen ist.“

Folgende Änderungsvorschläge der Verwaltungsspitze sind zu streichen, deshalb beantragen wir die ersatzlose Streichung folgender Vorschläge bzw. Anpassung:

  1. §3 Abs. 1 Nr. 25: Gerichtliche und außergerichtliche Rechtsstreitigkeiten. Verwaltungsvorschlag: Wertgrenze von 130 000 auf 500 000 Euro erhöhen:
    Antrag: a) Wertgrenze bei 130 000 Euro belassen oder
    b) Wertgrenze auf 250.000 Euro setzen.
  2. §18 Übertragung von Aufgaben des Gemeinderats auf den/die Oberbürgermeister/-in

Antrag: Folgende Änderungsvorschläge der Verwaltung sind ersatzlos zu streichen:

  • Darlehen an Eigenbetriebe im Rahmen der Haushaltssatzung ohne Limit
  • Erwerb, Verkauf von Boden und Liegenschaften bis 700 000 € (vormals 520 000 € (18 Abs. 1 Nr. 7) s.o.: maximal 100.000 €.
  • Erwerb, Veräußerung und dingliche Belastung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und Bauwerken bis zu einem Wert von 000 € (vormals 520 000 €) sowie Ausübung von vertraglichen und gesetzlichen Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten; (§18 Abs. 1 Nr. 7) s.o. maximal 100.000 €.
  • Weisungen erteilen für Vertreter in Gesellschafterversammlungen, Organen von Unternehmen in Privatrechtsform etc. immer dann wenn der Gemeinderat explizit nicht zuständig ist (müsste umgekehrt sein!) (18 Abs. 1 Nr. 8)
  • Wahrnehmung sämtlicher Rechte und Pflichten des Gemeinderats der Stadt Stuttgart nach dem Jagd- und Wildtiermanagementgesetz (JWMG) sowie Entscheidung über sämtliche Angelegenheiten jeweils in Bezug auf die Jagdgenossenschaft Stuttgart anstelle des Gemeinderats, soweit dieser nicht gem. §3 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 43 zuständig ist; (§18 Abs. 1 Nr. 28)

Begründung:

Die Hauptsatzung regelt die Zuständigkeiten zwischen Gemeinderat, Oberbürgermeister und der Verwaltung. Im Rahmen der von der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) vorgegebenen Leitplanken kann der Gemeinderat Kompetenzen an den Oberbürgermeister / die Oberbürgermeisterin abtreten oder sich diese aneignen. Zudem können in der Hauptsatzung Leitbilder festgeschrieben werden, Bürger*innenbeteiligung, Öffentlichkeitsprinzip, sowie die Direktwahl der Bezirksbeiräte festgeschrieben werden. Diese zentrale Satzung befindet sich in Stuttgart seit der zweiten Jahreshälfte 2017 in der Überarbeitung. Wir haben uns damals – auf Anregung der Verwaltung – mit 18 konkreten Vorschlägen zu Wort gemeldet und darum gebeten, diese bei der Überarbeitung zu berücksichtigen. Zweieinhalb Jahre später kam die Verwaltungsspitze mit einem Überarbeitungsvorschlag – bei näherer Betrachtung wurde deutlich, dass 17 von 18 Vorschlägen nicht berücksichtigt wurden. Der eine verbleibende Vorschlag zum Thema Bürger*innenbeteiligung wurde lediglich als Begriff aufgegriffen, unserem inhaltlichen Vorschlag wurde nicht entsprochen. Eine schriftliche oder mündliche Begründung für die Nichtberücksichtigung unserer Vorschläge hat uns bislang nicht erreicht.

Darüber hinaus sieht der Vorschlag der Verwaltung vor, die ohnehin schon üppigen Kompetenzen des Oberbürgermeisters / der Oberbürgermeisterin weiter auszubauen, so wurden etwa in vielen Bereichen die Höhe der Ausgaben, in denen das Stadtoberhaupt die Verfügungsgewalt hat, einfach verdoppelt. Dies geht mit einem Verlust an demokratischer Kontrolle einher, der nicht im Sinne der kommunalen Demokratie und dessen Hauptorgan (dem Gemeinderat) sein kann. Kommunale Demokratie funktioniert dann, wenn Kontrollinstanzen greifen. In jüngerer Vergangenheit gab es genügend Beispiele, die verdeutlicht haben, dass es zu wenig Kontrolle gab, so etwa beim Skandal um die International Unit des Klinikums Stuttgart. Auch bei wichtigen stadtpolitischen Themen – wie etwa einer städtischen Bodenvorratspolitik – hat die Stadtverwaltung bislang Durchgriffsrechte, mit der sie Grundsatzbeschlüsse des Gemeinderats unterlaufen kann, ohne dass dieser auch nur Kenntnis von einschlägigen verwaltungsinternen Abläufen (wie etwa die Wahrnehmung von Vorkaufsrechten) hat. Hier ist dringend mehr Transparenz gegenüber dem Hauptorgan geboten – welche ihren Niederschlag in der Hauptsatzung haben muss. Zur Stärkung der kommunalen Demokratie gehört auch die Direktwahl der Bezirksbeiräte, wie dies etwa in Karlsruhe praktiziert wird, was aber ein größeres eigenes Thema ist und daher auf später (DHH) vertagt wird und daher jetzt nicht mehr Teil des Antrags ist. Auch bei den Bezirksvorsteher*innen wollen wir eine einheitliche Regelung für die inneren und den äußeren Stadtbezirke, dies ist allerdings im Zusammenhang mit einer eventuellen Direktwahl der Bezirksbeiräte zu sehen und wird daher später adressiert.