Psychosoziale Bedürfnisse der Bewohner*innen in Alten- und Pflegeheimen erfüllen

Wir fragen:

  1. Wie sollen die – seitens des Landes am 9.5.20 angekündigten – Lockerungen der Besuchsregelungen in den städtischen Alten- und Pflegeheimen umgesetzt werden?
  2. Wie sieht das Schutzkonzept gegen Corona-Infektionen für die kommenden Wochen und Monate sowohl für die Bewohner*innen wie auch das Personal in Alten- und Pflegeheimen aus?
  3. Wie kann den psychosozialen Bedürfnissen der Bewohner*innen in Alten- und Pflegeheimen nach Besuchen und Kontakten mit ihren Angehörigen entgegengekommen werden, ohne dass damit eine nicht vertretbare Infektionsgefahr verbunden ist?
  4. Welche Ideen und Konzepte gegen Vereinsamung und zur Aufrechterhaltung der Kommunikation mit Angehörigen wurden und werden von den Pflegeeinrichtungen bzw. der Stadtverwaltung verfolgt, welche Angebote sind geplant?
  5. Wie kann Kommunikation zwischen Angehörigen und besonders stark eingeschränkten Bewohner*innen z.B. aufgrund von starker Schwerhörigkeit, (beinahe) Blindheit oder Gesichtsfeldeinschränkungen oder anderen Handicaps ermöglicht werden, wenn dadurch Telefonate oder Skype/Video-Anrufe nicht möglich sind?

Wir beantragen:

  1. Die Verwaltung berichtet auf der nächsten SGA-Sitzung über die Situation der Pflegeeinrichtungen in Zeiten der Corona-Pandemie und unter Berücksichtigung der beginnenden Besuchslockerungena) wie die Kontaktaufnahmen zwischen
    a) Bewohner*innen und Angehörigen sicher gestaltet werden können
    b) welche Anstrengungen und Unterstützung für die Einrichtungen seitens der Stadtverwaltung geplant sind, was die Ausstattung mit Schutzkleidung und Covid-19-Tests betrifft
    c) wie umfangreich und in welchen Rhythmus Covid-19-Tests für das Personal erfolgen sollen.

Begründung:

Nach der Neufassung der Corona-Verordnung des Landes vom 9.5.20 können Besuchsregelungen in Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege geändert werden. Das Sozialministerium plant für den 18. Mai eine speziell für diesen Bereich geltende Allgemeinverfügung.

In Einrichtungen der Altenpflege ist es besonders schwierig, einerseits für die Hochrisikogruppe der Heimbewohner*innen den Schutz vor einer Ansteckung durch das Corona-Virus zu gewährleisten und andererseits dem Bedürfnis der Bewohner*innen nach Kontakt mit ihren Angehörigen nachzugeben.

Es ist Aufgabe der Stadtverwaltung, die Einrichtungen in der Vorbereitung auf diese schwierige Situation umfassend zu unterstützen. Dazu gehört, dass für die gelockerten Besuchsregelungen den Angehörigen ausreichend und kostenfrei Schutzkleidung sowie Gratis-Covid-19-Tests zur Verfügung gestellt werden.

Die Situation von Bewohner*innen und Personal in Einrichtungen der Altenpflege war und ist in Zeiten der Corona-Pandemie ganz besonders belastend. Aufgrund unzureichender Stellenschlüssel und Fachkräftemangel schon in Normalzeiten steigerte sich für das Personal der extreme Arbeitsdruck noch weiter: Personelle Ausfälle aufgrund von Krankheit und Quarantäne steigerten die Personalnot. Zugleich fehlt(e) es an Schutzkleidung. Da die Durchführung strikter Hygienemaßnahmen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutete, fehlte die schon knapp bemessene Zeit für Ansprache, Zuspruch und soziale Interaktion noch mehr. Zugleich galten absolute Zugangsbeschränkungen für Angehörige und Besucher*innen, die jetzt allmählich gelockert werden. Als Folge litten und leiden die meisten Bewohner*innen unter extrem verstärkten Einsamkeits- bis hin zu völligem Verlassenheitsgefühl.

Um dieser Situation etwas entgegen zu setzen boten manche Heime – sofern die technische Ausstattung dazu vorhanden war – Kontaktaufnahme und Kommunikation über Telefon oder videogestützte Formate mit Tablets an. Ob diese Möglichkeiten auch von Stuttgarter Einrichtungen angeboten wurden, ist offen. Bei vielen Bewohner*innen, die unter dementiellen Erkrankungen und/oder erheblichen Beeinträchtigungen der Sinneswahrnehmung leiden, laufen solche Angebote ins Leere. Hier sind meist persönliche Kontaktaufnahme über Berührungen, Streicheln unabdingbar. Das heißt, dass jetzt dringend Konzepte erarbeitet und umgesetzt werden müssen, die größtmögliche Sicherheit vor Ansteckung bieten und die zugleich Zugangs- und Besuchsverbote auf ein Mindestmaß beschränken.

Der ehemalige stellvertretende Ethikratsvorsitzendem Peter Dabrock regt an, dass nicht nur für das Personal, sondern auch für Besucher von Altenheim- und Pflegeeinrichtungen kostenlose Covid-10-Tests wie auch Schutzkleidung angeboten wird, um eine Selektion zwischen ‚armen‘ und ‚reichen‘ Besucher*innen bzw. Heimbewohner*innen vorzubeugen. Aus psychosozialen Gründen muss die extrem belastende Situation für die Heimbewohner*innen dringend durch sichere Kontakte mit Angehörigen und anderen wichtigen Bezugspersonen verbessert werden.