Die Gemeindeordnung sieht den Grundsatz der Öffentlichkeit bei Sitzungen des Gemeinderats vor. Die Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart dreht dieses Prinzip um: Vorberatungen werden im Grundsatz nichtöffentlich behandelt – deshalb werden unter anderem die ersten beiden Lesungen Haushaltsberatungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten.
Ende März hat die Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS bereits beantragt, die Haushaltsberatungen in öffentlicher Sitzung abzuhalten. Zwei Monate lang passierte: nichts. Nachdem wir per Antrag die Verwaltung aufgerufen hatten, unser Ansinnen auf die Tagesordnung zu setzen, äußerte sich der Oberbürgermeister schließlich schriftlich. Der Gemeinderat habe kein Recht darüber zu entscheiden, ob die Haushaltsberatungen öffentlich sind oder nicht. In den Sonntagsreden wird immer vom „Königsrecht des Gemeinderats“ gesprochen, wenn es um den Haushalt geht – aber ob das öffentlich geschehen soll oder nicht, soll dem Chef der Verwaltung vorbehalten bleiben. Man wähnte sich also in Sicherheit an der Verwaltungsspitze.
Nachdem wir die Kommunalaufsicht beim Regierungspräsidium um eine Stellungnahme gebeten hatten, wurde deutlich: Die Entscheidung der Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit einer Sitzung ist nicht exklusiv dem (Un)willen des Oberbürgermeisters vorbehalten, sondern der Gemeinderat hat ein gewichtiges Wort mitzureden. Für diese Erkenntnis braucht es im Grunde keine Einschätzung des Regierungspräsidiums, der gesunde Menschenverstand genügt dafür schon.
Wir fordern die längst überfällige Transparenz bei den Haushaltsberatungen herzustellen und die die Geschäftsordnung des Gemeinderats vom Kopf auf die Füße zu stellen.