S21: Anspruch und Wirklichkeit

Die Stuttgarter:innen sollten von S-21-Baustellen kaum etwas bemerken. Das kündigten die Projektbetreiber schon 2004 im Planfeststellungsbeschluss an: „Grundsätzlich gehen die Planungen davon aus, dass während der gesamten Bauzeit der Stadtbahnverkehr auf allen betroffenen Linien aufrechterhalten wird […]. Der Bauablauf soll so abgestimmt werden, dass die 14-tägige Betriebspause in einer Ferienzeit liegt.“ Für Kenner klang das damals schon zu schön, um wahr zu sein.

Vier Jahre später verlautbarte die DB Projektbau im Bezirksbeirat Mitte, das die Bauarbeiten der Bahn unter laufendem Verkehrsbetrieb stattfänden. „Kleinere, temporäre Beeinträchtigungen für den Stadtbahnverkehr“ seien allerdings nicht ganz auszuschließen.

Mitte Mai 2017 wurde dann die Stadtbahn-Verbindung zwischen Staatsgalerie und Hauptbahnhof komplett unterbrochen. Wer jetzt immer noch an eine 14-tägige Sperrung glaubte, wurde enttäuscht. Erst am 9. Dezember 2023, also 2367 Tage später und somit fast 200 Mal länger als angekündigt, endete diese laut Bahn „kleinere, temporäre Beeinträchtigung“.

Egal ob Kostenexplosion oder Leistungsfähigkeit, Anspruch und Wirklichkeit haben bei Stuttgart 21 nichts miteinander zu tun. Die Streckensperrung der U9 zeigt, was die Bahn AG unter einem „bestgeplanten Projekt“ versteht.

Was ist, wenn es sich mit dem ‚Wunder‘, das uns dank des ersten digitalen Vollknotens versprochen wird, genauso verhält? Die neuesten Verlautbarungen der DB AG, S21 würde wohl nur mit einem Rumpfbetrieb starten, lassen jedoch genau das befürchten. Auch der neue Schrumpfbahnhof 21 wird weiter zu Verspätungen und Zugausfällen führen. Wann begreifen die politischen Verantwortlichen: Wunder mag es geben, aber eben nicht bei der DB AG.