Die LBBW und der Klimakiller Braunkohleabbau – wann beendet die Bank ihre klimaschädliche Geschäftspolitik?

Wir fragen und bitten nach § 27 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart um schriftliche Antworten innerhalb von sechs Wochen:

  1. Hat die LBBW der IC-Holding und der Limak-Holding (die im Südwesten der Türkei ein klimaschädliches Braunkohleabbauprojekt betreiben) im Jahr 2018 einen Kredit in Höhe von 180,33 Millionen Dollar gewährt?
  2. Wäre ein Kredit an die IC-Holding und der Limak-Holding mit den Nachhaltigkeitsgrundsätzen der LBBW vereinbar?
  3. Hat die LBBW Geschäftsbeziehungen zu türkischen Unternehmen, die direkt oder indirekt im fossilen Energiesektor tätig sind in den letzten zehn Jahren unterhalten?
  4. Sind aus Sicht der LBBW Kredite an Unternehmen, die im Braunkohleabbau tätig sind vereinbar mit der hauseigenen Nachhaltigkeitsstrategie?
  5. Wie kontrolliert die LBBW, dass die 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDGs), und das Pariser Klimaabkommen bei allen Geschäftstätigkeiten eingehalten werden?
  6. Finanziert die LBBW derzeit Unternehmen / Projekte, die in direkter oder indirekter Verbindung mit fossilen Energien stehen? Wenn ja wie viele und in welchem finanziellen Umfang?
  7. Ist die LBBW auch im sogenannten Bonds-Geschäft tätig, bei dem Banken über üppige Ausgabeprovisionen klimaschädliche Projekte finanziert werden?
  8. Bis wann genau steigt die LBBW aus der Finanzierung von Unternehmen, Projekten, bei denen Kohle abgebaut und / oder verstromt wird aus?
  9. Übernimmt die LBBW die Anlagerichtlinien (GRDrs 547/2016) der Landeshauptstadt Stuttgart?
  10. Warum will die LBBW erst bis zum Jahr 2050 ihre Kredit- und Investmentportfolien klimaneutral gestalten und warum nicht sofort?

Begründung:

Schon mehrfach stand die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wegen fragwürdiger Geschäftspraktiken im Fokus öffentlicher Diskussionen. Im Jahr 2012 beispielsweise machte die LBBW Schlagzeilen, weil publik wurde, dass die Bank sich an Lebensmittelspekulationen beteiligt hatte. Auf massiven öffentlichen Druck hin wurde das Geschäftsfeld aufgegeben.

Im Jahr 2020 behauptete die LBBW vollmundig, sie werde bereits im Jahr darauf „vollständig klimaneutral“ sein. Diese Behauptung war schon deshalb kritikwürdig, dass Klimaneutralität in dem Fall lediglich bedeutet hätte, dass tatsächlich verursachte Emissionen lediglich durch Zahlungen an einen Fonds kompensiert worden wären. Noch peinlicher wurde es, als bekannt wurde, dass die Bank „mehrere gängige Kriterien der Kompensation missachtet“ hatte, wie das Handelsblatt am 4. August 2022 berichtete. So weit, so schlimm – ein Paradebeispiel für Greenwashing!

Nun war unlängst zu lesen, dass die LBBW aber als Geld- bzw. Kreditgeberin für ein klima- und umweltschädliches Braunkohleprojekt im Südwesten der Türkei in Erscheinung getreten zu sein scheint. Dabei handelt es sich um ein Tagebauprojekt des Kohlekonzerns YK Energy. Seit den 1980-er Jahren wurden bereits 5500 Hektar Land auf der Suche nach Braunkohle abgegraben. Acht Dörfer verschwanden vollständig, tausende Menschen wurden enteignet und vertrieben, wie am 1. November 2023 in der Kontextwochenzeitung zu lesen war. Sollte es sich bestätigen, dass die LBBW bei der Finanzierung dieses Klimazerstörungsprojekts finanziell beteiligt war, wirft das Fragen auf, wie das mit den hauseigenen Nachhaltigkeitszielen zusammenpasst. Im Nachhaltigkeitsbericht der LBBW von 2022 heißt es vollmundig: „Nachhaltiges Denken und Handeln treibt uns voran. Das ist auch unser Anspruch für die Zukunft, dem wir als öffentlich-rechtliches Institut verpflichtet sind.“ Konkreter wird die Bank mit folgendem Zitat: „Unsere Kundinnen und Kunden begleiten wir als Partner auf dem Weg zum klimaneutralen Wirtschaften.“ Ein Kunde, der ein Braunkohletagebauprojekt betreibt, wird niemals klimaneutral wirtschaften und kann deshalb auch niemals Kunde einer Bank sein, die sich solche Ziele setzt.

Im Nachhaltigkeitsbericht tönt die LBBW, sie sei die erste deutsche Universalbank, welche die Principles for sustainable banking (Grundsätze für verantwortungsbewusstes Bankwesen) unterzeichnet habe. In den genannten Grundsätzen heißt es:

  • Wir werden unsere Geschäftsstrategie so ausrichten, dass sie in Übereinstimmung mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDGs), dem Pariser Klimaabkommen und wesentlichen nationalen und regionalen Rahmenwerken zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele beiträgt und den Mensch in den Mittelpunkt stellt.
  • Wir werden die aus unseren Aktivitäten, Produkten und Dienstleistungen resultierenden positiven Auswirkungen auf Mensch und Umwelt fortwährend steigern. Zeitgleich werden wir die negativen Auswirkungen verringern und die entsprechenden Risiken managen. Dabei werden wir uns in der Entwicklung und Veröffentlichung von Zielvorgaben auf die Bereiche konzentrieren, in denen wir die größten Auswirkungen haben.

Mit Blick auf das Braunkohleprojekt in der Südwesttürkei würde sich eine Finanzierung durch die LBBW verbieten.

Die Landeshauptstadt Stuttgart hält knapp 19 Prozent der Unternehmensanteile an der LBBW, das Land Baden-Württemberg gut 40 Prozent, ebenso wie der Sparkassenverband Baden-Württemberg ebenfalls knapp über 40 Prozent an dem Kreditinstitut hält. Die Stadt Stuttgart hat in ihren Anlagerichtlinien formuliert:  Aus der Vermögensanlage werden Unternehmen ausgeschlossen,

  • die in den Rohstoffabbau von Kohle, Öl und unkonventionellem Erdgas (Fracking) investieren“

Diese „Anlagerichtlinien der Landeshauptstadt Stuttgart und der Stuttgarter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH Umsetzung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit“ (GRDrs 547/2016) wurden am 27. Juli 2016 bei 6 Gegenstimmen bei 5 Enthaltungen mit großer Mehrheit vom Gemeinderat beschlossen. Eine Finanzierung eines Braunkohle-Projekts von Seiten der LBBW würde inhaltlich in einem klaren Widerspruch zu den städtischen Anlagerichtlinien stehen. Als Anteilseignerin muss die Stadt Stuttgart ein Interesse daran haben, dass die LBBW alle klimaschädlichen Aktivitäten umgehend einstellt und einen klaren, transparenten Klimafahrplan vorlegt, wann sie als Institut in einem umfassenden Sinne (scope 3) klimaneutral ist.