Wir beantragen:
- Die Verwaltungsspitze setzt sich umgehend mit dem Energiekonzern EnBW, den Eigentümer:innen der leerstehenden Bürogebäude im Stuttgarter Westen (ehemalige Württembergische Versicherungen) in Verbindung und setzt sich dafür ein, dass auf dem seit Jahren leerstehenden Gelände in der Hackstraße im Stuttgarter Osten und den Büros im Stuttgarter Westen Geflüchtete temporär untergebracht werden können.
- Die Verwaltungsspitze beschlagnahmt das EnBW-Gelände am Stöckach und die leerstehenden Büros im Stuttgarter Westen wenn die EnBW und die Eigentümer:innen der Büros im Stuttgarter Westen sich weigern, dort Geflüchtete unterzubringen.
Begründung:
Im April 2023 kündigte der Energiekonzern EnBW an, das 4,25 Hektar große Areal an der Hackstraße im Stuttgarter Osten auf absehbare Zeit nicht bebauen zu wollen. Damit war die Aussicht auf 800 Wohnungen und ein weiteres Projekt für die Internationale Bauausstellung im Jahr 2027 dahin. Es droht „(…) eine riesige, langjährige Brache in der Innenstadt“, wie die Stuttgarter Zeitung am 21 April schrieb. Für Oberbürgermeister Frank Nopper war es „ein Schlag ins Kontor“, weil aus dem vermeintlichen Vorzeigeprojekt ein Totalausfall wurde.
Bei der Unterbringung von Geflüchteten hat Oberbürgermeister Nopper das leerstehende Areal am Stöckach seit Monaten offenbar nicht in Betracht gezogen. Angesichts der Notlage hätte dies aber zwingend gemacht werden müssen. Es kann nicht sein, dass sich die Verwaltungsspitze mit diesem skandalösen Leerstand abfindet. „Die Unterbringung geflüchteter Menschen ist eine Daueraufgabe“, wie es im Sachstandsbericht zur Task Force Flüchtlingsunterbringung (GRDrs 1035/2023) heißt, die auf unseren Antrag „Strategische Planung zur Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten und ihren Kindern“ (Nr. 55/2023) erstellt wurde. Wenn der Oberbürgermeister jetzt so tut, als ob nur noch die Belegung von Sport- und Versammlungshallen für die Unterbringung von Geflüchteten übrigblieben, dann ist es geradezu obszön, einen Leerstand in zentraler Lage in der Stadt nicht zu nutzen, um dort Geflüchtete menschenwürdig unterzubringen. Das zeigt einmal mehr, dass die Verwaltungsspitze nicht willens und nicht in der Lage ist, Leerstand zu beleben. Damit muss jetzt umgehend Schluss sein. Wir erwarten von der Verwaltungsspitze, dass sie sich umgehend mit der EnBW ins Benehmen setzt, um am Stöckach-Areal Geflüchtete unterzubringen. Wenn die EnBW sich weigert, muss die Stadt auch zum Mittel der Beschlagnahme greifen.
Eine polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnungen oder Büros ist grundsätzlich unter bestimmten Voraussetzungen möglich. In einem Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom 18. Dezember 2018 wird dargestellt, unter welchen Voraussetzungen Wohnungen zur Unterbringung von Obdachlosen zulässig sind. Eine Voraussetzung ist: „Eine Beschlagnahme von privatem Wohnraum ist somit nur nach Erschöpfung aller anderen zumutbaren Möglichkeiten, wie etwa der Unterbringung in einer Notunterkunft oder der Anmietung von Hostelzimmern, möglich.“ Übertragen auf Stuttgart bedeutet dies: diese Voraussetzungen sind erfüllt. Beschlagnahme ist im Landespolizeigesetz in §38 geregelt – über die Dauer der Beschlagnahme schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags: „Eine Höchstdauer lässt sich nicht abstrakt festlegen. Jedenfalls endet die Inanspruchnahme wenn die Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes nicht mehr gegeben sind.“
Es spricht also grundsätzlich erst mal nichts dagegen, das Mittel der Beschlagnahme in Stuttgart für leerstehenden Bürogebäude anzuwenden.