Kinderlärm ist keine Ruhestörung!

Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN TIERSCHUTZPARTEI kritisiert das von der Stadtverwaltung ausgesprochene Nutzungsverbot des Basketball-Sportfelds außerhalb der Schulzeiten der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule. Dazu sagt Fraktionsvorsitzender Hannes Rockenbauch (SÖS): „Wir haben Anfang April erfahren, dass die Verwaltung jungen Menschen Ballsport auf dem Außenspielfeld der Cotta-Schule außerhalb der Schulzeiten untersagt hat. Seit Ende März stehen sie vor verschlossenen Toren. Daraufhin haben wir noch vor Ostern beim Baurechtsamt angefragt, auf welcher Basis diese – für uns völlig unverständliche – Entscheidung fußt und welche Möglichkeiten für einen Kompromiss bestehen. Leider wurde seitens der Verwaltung bis heute nicht auf unsere Fragen reagiert.“ Die FrAKTION hegt begründete Zweifel daran, dass das Argument des neuen Baurechts trägt. Denn, so Fraktionssprecher Hannes Rockenbauch weiter: „Der Gesetzgeber stuft seit einer Novellierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes in Artikel 22 1a) Kinderlärm explizit nicht mehr als Lärmbelästigung ein.“*

„Wir fordern die Stadtverwaltung daher auf, eine tragfähige Lösung zu finden, die dem Anspruch der Jugendlichen auf Bewegung im öffentlichen Raum gerecht wird. Es darf nicht sein, dass die Verwaltung jetzt Ordnungsbehörden und Polizei beauftragt, ein ‚Problem‘ zu lösen, das eindeutig politisch gelöst werden muss. Die Polizei nimmt Personendaten von Jugendlichen auf, weil sie das Betretungsverbot des Schulgeländes außerhalb der Schulzeiten missachten, um Sport zu treiben. Diese Kriminalisierung ist völlig unangemessen und beschämend,“ aus Sicht von Luigi Pantisano (LINKE), dem jugendpolitischen Sprecher der FrAKTION.

Die FrAKTION beurteilt den Konflikt als Folge eines Investoren-Deals. Auf dem städtischen Gelände an der Sick-Straße stand ein Bauhof des Gartenbau- Friedhof- und Forstamts mit viel Grün. Niemand wurde durch Jugendliche gestört, die auf dem Sportplatz spielten. Im Jahr 2016 bot der damalige Oberbürgermeister Fritz Kuhn dieses Gelände als Tauschgeschäft dem Investor Gerch Group an, der die Villa Berg schon über viele Jahre verkommen ließ. Hannes Rockenbauch unterstreicht: „Die Vorgeschichte des Konflikts liest sich wie aus einem Lehrbuch über kapitalistische Bodenpolitik. Die Gerch Group hat das Gelände mit neuem Bebauungsplan dann – selbstredend gewinnbringend – an die SSN Group AG verkauft. Dieser Investor realisierte in der Folge – übrigens ohne jeglichen Anteil an gefördertem Wohnbau – das Luxus-Wohnprojekt „Dreizeit – Wohnen an der Villa Berg“. Doch die Verantwortung liegt eindeutig beim Gemeinderat, der diesem Tauschgeschäft zugestimmt hat. Wir hatten uns damals dagegen ausgesprochen. Der Konflikt zwischen Anwohner:innen, die direkt angrenzend zum Sportplatz der Cotta-Schule wohnen und jugendlichen Ball-Sportler:innen war absehbar.“

Aber auch die Fehlentscheidung dieser Wohnbebauung muss nicht zwangsläufig einen Konflikt heraufbeschwören. Denn wie man sieht, haben manche Anwohner:innen durchaus Verständnis für das Bedürfnis nach Bewegung von Kindern und Jugendlichen. So bemerkt Luigi Pantisano: „Ich begrüße, dass es auch Anwohner:innen gibt, die sich für die Nutzung außerhalb der Schulzeiten des Basketball-Feldes stark machen und auf der Seite der Jugendlichen stehen. Auch der Bezirksbeirat hatte sich schon im Zuge des Bebauungsplanverfahrens einstimmig für die Offenhaltung des Sportplatzes zur Nutzung außerhalb der Schulzeiten ausgesprochen. Das Argument des neuen Baurechts zieht nicht, weil Ballsport nicht als Lärm zählt. Somit muss das Betretungsverbot außerhalb der Schulöffnungszeiten zurückgenommen werden. Der Sportplatz war bereits vor der Wohnbebauung da. Die Eigentümer:innen und Mieter:innen wussten also, auf was sie sich einlassen.“

Fraktionsvorsitzende Laura Halding-Hoppenheit (LINKE) ergänzt: „Ich finde diesen ganzen Vorgang skandalös. Gegenüber der Cotta-Schule liegen viele Sozialwohnungen, wo Jugendlich beengt aufwachsen. Sie brauchen besonders dringend Raum für Bewegung. Stuttgart soll eine kinder- und jugendfreundliche Stadt sein. Die Stadtverwaltung wird auch im kommenden Doppelhaushalt wieder Anträge für kostspielige Gesundheitsprojekte vorlegen, damit Kinder und Jugendliche zu Sport animiert werden. Es ist mir völlig unverständlich, dass Kinder und junge Erwachsene daran gehindert werden, wenn sie mit Spaß an der Bewegung Sport in ihrer Freizeit treiben. Die Jugendlichen dürfen nicht das Nachsehen haben.“