Zeitenwende – diesen Begriff kürte die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache kürzlich zum Wort des Jahres. Das Wort bezeichnet eine Zäsur, einen Umbruch, ein Nachher, in dem sich gegenüber vorher nicht weniger als ALLES verändert hat, so dass es gegebenenfalls sogar eine neue Zeitrechnung rechtfertigt, wie es anlässlich der Geburt Jesu, die wir seit mehr als 2000 Jahren jährlich an Weihnachten feiern, der Fall war.
Ob das Wort Zeitenwende in Bezug auf den russischen Überfall auf die Ukraine durch Bundekanzler Olaf Scholz klug gewählt war, sei dahingestellt.
Viel angemessener wäre es für eine Entwicklung, die sich in diesem Jahr für die Menschheit als Ganzes bedrohlich zuspitzte: den Klimawandel. Das Jahr 2022 ist auf dem besten Weg, als das wärmste weltweit seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in die Geschichte einzugehen. Hitzerekorde um die 50 Grad im Iran, in Indien und Pakistan, Dürren in Ostafrika, eine Rekordzahl an Waldbränden weltweit. Wer nach dem wärmsten Sommer aller Zeiten noch weitermachen will, wie bisher, der hat, flapsig gesagt, den Schuss nicht gehört. In Stuttgart haben wir knapp die Hälfte des Jahres 2022 damit verbracht, darauf zu warten, dass uns eine Beratungsgesellschaft attestiert, dass wir die Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 schaffen können und nicht erst 2050. Das war verschenkte, unnötig verplemperte Zeit!
Zeitenwenden verlangen eine radikale Umkehr, ein Umsteuern im Handeln, nicht nur ein Nachbessern. Für Stuttgart bedeutet das neben vielen anderen Maßnahmen:
Geplante Großbauprojekte müssen sich nicht nur daran messen lassen, ob sie im späteren Bestand und Betrieb klimaneutral oder –positiv sind, sondern auch im Bau. Andernfalls dürfen sie nicht mehr gebaut werden.