Die Zeit der Vernachlässigung ist vorbei: was wird aus dem Hajek-Haus?

Wir beantragen: Die Verwaltungsspitze berichtet in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien am 26. Juli 2022 zu folgenden Fragen:

  1. Zu welchen Ergebnissen kam es bei den bisherigen Gesprächen zwischen der Verwaltungsspitze und dem derzeitigen Besitzer Markus Benz bezüglich des Hajek-Hauses in der Hasenbergsteige 65?
  2. Wann, mit welchen Mitteln gedenkt die Stadt das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim bezüglich des Hajek-Hauses konkret durchzusetzen?
  3. Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Verwaltungsspitze vor dem Hintergrund des nicht vollstreckten Urteils des Verwaltungsgerichtshofs, das Hajek-Haus samt Grundstück zu enteignen und in öffentliches Eigentum zu überführen?
  4. Was genau meint die Verwaltungsspitze mit einem „Bekenntnis zu Hajek“ und der Ankündigung, Hajeks Kunst „wieder stärker in den Blickpunkt zu rücken“?
  5. Wann ist damit zu rechnen, dass der Verfall und die mutwillige Zerstörung des Kulturdenkmals Hajek-Haus beendet wird und das Haus denkmalschutzkonform hergerichtet ist?
  6. Wie will die Verwaltungsspitze den Umgang mit Baukultur und insbesondere mit historischer Bausubstanz in Stuttgart künftig ändern?
  7. Würde aus Sicht der Verwaltung eine Koordinierungsstelle im Kulturamt zur Baukultur einen Beitrag zu einem besseren Umgang mit Kulturdenkmälern leisten können?

Begründung:

Seit dem Tod des Stuttgarter Künstlers Herbert Hajek im Jahr 2005 ist dessen Villa in der Hasenbergsteige 65 dem Verfall preisgegeben. Nachdem das Gebäude und der Skulpturenpark im Jahr 2008 unter Denkmalschutz gestellt wurde, verkauften die Nachfahren das geschützte Ensemble für 2,3 Mio. Euro an den Möbelfabrikanten Markus Benz. Ohne Baufreigabe entkernte der neue Besitzer die Villa, es folgten Gerichtsprozesse, Urteile und die Auflage, die Hajek-Villa wieder in den Zustand von 1967 zurückzuversetzen. All das führte nicht dazu, dass sich an dem jämmerlichen Zustand des Gebäudes irgendetwas Sichtbares verändert hätte. Der damalige Oberbürgermeister Fritz Kuhn zeigte ebenfalls keinerlei Interesse an einer Lösung der verfahrenen Situation. Auf unsere Anfrage 376/2016 antwortete er lapidar: „Ein Erwerb der Villa Hajek durch die Landeshauptstadt Stuttgart wird nicht in Erwägung gezogen.“ Danach geschah erst mal jahrelang das, was zu erwarten war: genau nichts. Der Verfall des Gebäudes ging weiter, die rechtskräftigen Urteile wurden vom Besitzer nicht umgesetzt. Am 30. März 2021 fand laut Medienberichten ein Gespräch zwischen dem Sohn des Künstlers – Urban Hajek –  und Oberbürgermeister Frank Nopper statt. Ein zweites Gespräch mit OB Nopper, Kulturbürgermeister Fabian Mayer folgte, anschließend geschah – wie so oft in der Causa Hajek-Haus: nichts. Am 10. Mai 2022 war in der Stuttgarter Zeitung erneut etwas über das Hajek-Haus zu lesen. „Wir wissen um die herausragende Bedeutung Hajeks für Stuttgart und werden nach einer Zeit der Vernachlässigung seine Kunst wieder stärker in den Blickpunkt rücken.“ Mayer spricht von einem „Bekenntnis zu Hajek“. Es wird Zeit, dass die Epoche der Vernachlässigung endet und  nun endlich Taten folgen. Ein Bekenntnis zu Hajek wäre es, wenn die Stadt den Eigentümer enteignet und dafür sorgt, dass der Denkmalschutz durchgesetzt sowie das Gebäude der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Der unrühmliche Umgang mit der Baukultur in Stuttgart muss ein Ende haben. Fälle wie das Hajek-Haus zeigen, dass sich der Umgang mit historischer, kulturell bedeutender Bausubstanz dringend und grundlegend ändern muss.