Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für Eiermann-Campus

Wir beantragen:

Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, unverzüglich die vorbereitenden Untersuchungen für das Eiermann-Areal in Stuttgart-Vaihingen gemäß § 165 Abs. 4 BauGB zu beginnen, um die Voraussetzungen für den Beschluss der Städtebaulichen Entwicklungsmaßname nach Ziffer 1 des Antrags zu schaffen. Ziel und Zweck der Satzung ist es, durch städtebauliche Neuordnung die Schaffung von leistbarem Wohnraum, öffentlicher Nutzung sowie der besonderen Beachtung der Maßgaben für Klimaschutz und Klimaanpassung des §1 und §1a des BauGB sicherzustellen. Bei der Neuordnung ist besonders darauf zu achten, dass

a) ohne weitere Verzögerungen das Areal zügig und ganzheitlich entwickelt werden kann;

b) die städtebaulichen Qualitäten des Siegerwettbewerbs (Mobilitätskonzept, autofreies Quartier, Schleifenhaus, Erhalt des Wäldchens, Wohnungsdichte) umgesetzt werden;

c) dauerhaft bezahlbarer Wohnraum für eine vielfältige Bewohnerschaft (inkl. Auszubildende, Studierende, Migrant*innen, Gewerbe-Treibende u.v.m. etc.) entsteht (hohe Quote an gefördertem Wohnraum);

d) dafür kooperative und genossenschaftliche Wohnformen entwickelt werden;

e) den investorengetriebenen Entwicklungen auf diesem großen Areal endlich Einhalt geboten wird und durch den Kauf der Stadt langfristig Gemeineigentum gesichert wird durch Grundstücksvergabe im Erbbaurecht;

f) die bestehenden und unter Denkmalschutz stehenden Gebäude des Architekten Eiermann fachgerecht saniert und erhalten werden;

g) unter dem Leitbild einer identitätsstiftenden solidarischen Nachbarschaft Wege, Plätze und Räume (Aufenthalts- und Multifunktionsräume für Veranstaltungen, Ausstellungen, Events) im Areal öffentlich zugänglich bleiben, um Begegnungsräume ohne Konsumzwang auch für benachteiligte Menschen – zu schaffen;

h) die Bebauung unter strengen ökologischen, energetischen und sozialen Standards erfolgt (Plus-Energie-Standard, Schwammstadt, Quartierswärmenetz mit erneuerbaren Energien, autofrei);

i) die Bebauung so gestaltet wird, dass der Lärm der angrenzenden Autobahn abgeschirmt wird (Stichwort Schleifenhaus) und eine gute Anbindung des Areals mit öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet wird und im Areal für entschleunigte emissionsfreie Mobilitätsformen Fahrradabstellpätze geschaffen werden und eine Lastenrad-Sharing-Station eingerichtet wird.

Begründung:

Das 181 000 Quadratmeter große Eiermann-Areal in Stuttgart-Vaihingen gilt neben dem Rosensteinquartier als das zweitgrößte Entwicklungsgebiet Stuttgarts und ist damit für Stuttgarts Stadtentwicklung von enormer Bedeutung.

Aktuell befindet sich dieses Areal im Eigentum der Consus Real Estate, einer Tochter der Adler-Group. Consus ist als Tochter der von Insolvenz bedrohten Adler-Group ebenso in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Bereits Ende letzten Jahres wurde in der Presse über massive Zahlungsschwierigkeiten der Adler-Group berichtet. Inzwischen befürchtet die Neue Züricher Zeitung aufgrund des finanziellen Desasters der Adler-Group, dass es sich sogar zu einem „neuen Fall Wirecard“ entwickeln könnte.

Nach der sich deutlich abzeichnenden finanziellen Pleite des luxemburgischen Immobilienkonzerns und Investors Adler hat Bürgermeister Pätzold mit gutem Grund den Auslegungsbeschluss für die ehemalige IBM-Zentrale in Stuttgart-Vaihingen vorläufig gestoppt. Damit wird verhindert, dass über die Schaffung von Baurecht die Adler-Group im Zuge einer Insolvenz noch Planungsgewinne erzielen könnte, die dann möglicherweise nur in die Insolvenzmasse einfließen würden.

Angesichts der drohenden Pleite ist mit weiteren Verzögerungen des Projekts zu rechnen und vor allem droht der Ausverkauf des Gesamtareals auf verschiedene Eigentümer:innen. Dies muss unbedingt verhindert werden.

Mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) hat die Stadt nach §165 Baugesetzbuch (BauGB) die Möglichkeit, eine städtebauliche Neuordnung herbeizuführen und den kompletten Planungsgewinn in kommunaler Hand zu bewahren. Zudem kann mit einer – im Rahmen der Entwicklungsmaßnahme zu gründenden – Projektgesellschaft eine zügige Entwicklung des Areals aus einer Hand gewährleistet werden.

Unsere Fraktion hatte bereits vor sieben Jahren den Ankauf des Areals durch die Stadt gefordert. Angesichts der drohenden Pleite des jetzigen Eigentümers ist es jetzt dringender denn je, dass der Gemeinderat für die Entwicklung dieses Areals eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beschließt.

Damit könnten Weichen für die Schaffung einer hohen Quote von bezahlbarem und alternativem Wohnraum, einem innovativen Quartiersmodell mitsamt der Ansiedlung von (Klein-)Gewerbe, Dienstleistung und innovativer Infrastruktur sowie öffentlicher Nahverkehrsanbindung gestellt werden.

Zudem ist die Sanierung der – vom Architekten Egon Eiermann in den späten 60er Jahren errichteten – fünf denkmalgeschützten Bürogebäude dringend geboten, um dem baulichen Verfall Einhalt zu gebieten.

Als Teil einer städtischen Bodenvorratspolitik kann auf dem Areal dringend erforderlicher bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, z.B. für Studentisches Wohnen, für die Vermittlung von – inzwischen knapp 5000 – Menschen aus der Vormerkdatei in Wohnungen, für die Unterbringung von Familien und Alleinerziehenden, die derzeit in Sozialhotels untergebracht sind ebenso wie Wohnraum für Auszubildende, städtisches Personal und schlicht Menschen mit eher niedrigen Einkommen.