Geflüchtete willkommen – Humanitäre Soforthilfe für Geflüchtete aus dem EU-Grenzgebiet

Wir beantragen:

  1. Die Stadt Stuttgart leistet humanitäre Soforthilfe, indem sie sich bereit erklärt, 200 geflüchtete Menschen aus humanitären Gründen aus den Grenzgebieten von Belarus und Polen – unabhängig von Verteilungsschlüsseln des Bundes – aufzunehmen. Diese Aufnahme erfolgt zusätzlich zu der bereits zugesagten Aufnahme von 200 Kindern und Jugendlichen im Rahmen des Projekts „Sicherer Hafen Stuttgart“.
  2. Die Stadtverwaltung berichtet spätestens im übernächsten Sozial- und Gesundheitsausschuss wie viele Plätze zur Unterbringung von Geflüchteten aktuell bestehen und wie eine kurzfristige Erhöhung der Plätze wie auch des Personals (auch bei den Freien Trägern) im Falle steigender Flüchtlingszahlen umgesetzt werden soll.

Wir fragen:

  1. Wie gut ist die Stadt auf die Unterbringung der in absehbarer Zeit steigenden Anzahl von Geflüchteten insbesondere aus den Gebieten an der weißrussischen und polnischen Grenze vorbereitet und wie steht es um die personelle Ausstattung sowohl des städtischen Personals wie auch bei den Freien Trägern?
  2. Ist sichergestellt, dass – trotz der in der Vergangenheit abgebauten Plätze in Gemeinschaftsunterkünften – den Corona-Hygiene-Auflagen und noch besser der Prävention von Corona-Infektionen Genüge getan werden kann?
  3. Wie viele geflüchtete Menschen wurden im Zuge der Unterschrift von OB Dr. Nopper unter die Potsdamer Erklärung aufgenommen bzw. welche vorbereitenden Maßnahmen wurden in diesem Zusammenhang getroffen?
  4. Plant die Stadtverwaltung einen weiteren Abbau bzw. die Schließung weiterer Gemeinschaftsunterkünfte für Geflüchtete? Wenn ja, welche Unterkünfte sind in welchem Zeitraum betroffen.

Begründung:

Es zeigt sich, dass auch in Stuttgart bald wieder mit einer Zunahme von Geflüchteten zu rechnen ist. Gemäß Medienberichten halten sich ca. 4000 Geflüchtete im Grenzgebiet von Belarus und Polen auf, wobei die Zahl voraussichtlich weiter steigen wird. Daher fragen wir, ob und wie gut die Stadt darauf vorbereitet ist, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass befristete geschaffene Unterkünfte sukzessive geschlossen wurden und noch weitere Schließungen geplant sind.

An der Grenze zwischen Polen und Belarus spielen sich dramatische und lebensbedrohliche Szenen ab. Belarus holt – basierend auf einer zynischen und menschenverachtenden Strategie – gezielt Menschen aus Afghanistan, Irak und Iran, um sie zum Grenzübertritt nach Polen zu bringen. Polen, Mitgliedsstaat der EU(!), wiederum verschließt seine Grenzen und schiebt die Geflüchteten vehement nach Belarus zurück. Dass Belarus die Geflüchteten nicht aus humanitären Gründen holt, zeigt sich daran, dass Belarus diese „Rückkehrer:innen“ wiederum mit brutaler Härte an der „Einreise“ hindert, so dass dabei schon mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen sind, es unzählige Verletzte gab und gibt und Menschen in den kalten Nächten vom Erfrierungstod bedroht sind. Um noch Schlimmeres zu verhindern muss Deutschland und auch Stuttgart gemeinsam mit anderen Städten, die sich zum sicheren Hafen erklärt haben, humanitäre Soforthilfe leisten.

Wir haben es begrüßt, dass OB Dr. Nopper kürzlich mit seiner Unterschrift unter die Potsdamer Erklärung Stuttgart zur Stadt Sicherer Häfen erklärt hat. Es ist aber widersprüchlich, wenn OB Dr. Nopper mit seiner Unterschrift Stuttgart zum Sicheren Hafen erklärt und zugleich auf die Verteilung von Geflüchteten nach dem Königsteiner Schlüssel verweist, denn damit akzeptiert er das bisherige rigide Abschotten und Vorgehen des Bundesinnenministeriums. Statt Hilfe und aktives Handeln verkommt es zur Symbolpolitik, damit wollen wir uns nicht begnügen!

Stuttgart muss daher seine politischen Möglichkeiten nutzen, um tatsächliche Veränderungen in der Migrations- und Aufnahmepolitik zu erreichen. Nur das bewirkt Verbesserungen für Menschen auf der Flucht! Wir wollen, dass die Stadt mehr Kompetenzen fordert und erhält, auch eigenständig Menschen aufzunehmen und ihnen helfen zu können.  Dafür sollen alle nötigen Ressourcen für die menschliche Versorgung und die gesellschaftliche Teilhabe der Ankommenden bereitgestellt werden. Eine solidarische Migrationspolitik muss von den Kommunen ausgehen: Erst die enge Abstimmung mit der Zivilgesellschaft vor Ort sorgt für die demokratische Legitimation einer solidarischen und offenen Politik. So können wir erreichen, dass die Aufnahme von Menschen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und angenommen wird.

 

Verfahrenshinweis:

Antrag in den Fachausschuss:

§ 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg heißt es: „Auf Antrag einer Fraktion oder eines Sechstels der Gemeinderäte ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen“. Wir möchten von diesem Recht Gebrauch machen und bitten um fristgerechte Umsetzung.

Alternativ bietet Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN TIERSCHUTZ an – im Sinne der Beratungsreihenfolge, nach der Anträge zunächst im zuständigen Fachausschuss behandelt werden um anschließend in den Gemeinderat überwiesen zu werden – den Antrag im zuständigen Ausschuss aufzurufen, der am nächsten zur genannten Gemeinderatssitzung liegt. Sollte dies nicht möglich sein, möchten wir von unserem Recht Gebrauch machen und den Antrag in der übernächsten Sitzung im Gemeinderat aufzurufen.