Was bedeutet das Vorziehen der Klimaneutralitätsziele der Stadt auf das Jahr 2035?

Wir beantragen, die Stadtverwaltung berichtet bis zum Beginn der 2. Lesung, folgende Frage zu beantworten hinsichtlich Finanzen und Personal im städtischen Doppelhaushalt für die Jahre 2022 und 2023:

  • Was bedeutet das Vorziehen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 in der Stadt für alle Sektoren für den anstehenden Haushalt 2022/2023

Begründung:

Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 zum Klimaschutz ist klar, dass die Klimaneutralität in Deutschland deutlich vor dem Jahr 2050 erreicht werden muss, um nicht die Freiheit zukünftiger Generationen unverhältnismäßig einschränken zu müssen. Die Bundesregierung hat zwischenzeitlich ihr Klimaneutralitätsziel auf das Jahr 2045 vorgezogen. Das Land Baden-Württemberg plant mit dem Jahr 2040. Alleine die Landeshauptstadt hat ihren Zielhorizont im Aktionsplan Weltklima in Not noch auf das Jahr 2050 gelegt – was dringend geändert werden muss.

Inzwischen gibt es von fast allen Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat ein klares Bekenntnis und zum Teil konkrete Anträge, die ebenfalls für Stuttgart deutlich ambitionierte Klimaziele fordern. Im Ausschuss für Klima und Umwelt (AKU) am 24.09.2021 hat die Verwaltung erste Erkenntnisse vorgestellt, die nahelegen, dass in vielen Bereichen erhebliche zusätzliche Personal- und Finanzressourcen erfordern. Darüber, was das für den Bereich der klimaneutralen Liegenschaften bis zum Jahr 2030 bedeutet, hat uns die Verwaltung bereits informiert.

Für die privaten Liegenschaften deutet sich an, dass alleine für den Bereich der Förderung von Energieeinsparung durch das Energiesparprogramm (ESP) die bereitgestellte Mittel bei weitem nicht ausreichen. Dies ist nicht verwunderlich, da die bis 2023 jährlich bereitgestellten Mittel von ca. 23 Mio. Euro pro Jahr sich noch auf das Ziel 2050 ausgelegt waren. Bei einem Vorziehen auf das Jahr 2035 würden jedoch statt zusätzlicher 6517 Wohneinheiten (WE) pro Jahr, zusätzliche 13 300 WE nötig werden. Für einen auskömmlichen Förderrahmen würde das eine Ausstattung von jährlich 110 Mio. Euro pro Jahr bis 2035 bedeuten. Beim Blick, was in den letzten zwei Jahren tatsächlich an Fördervolumen vergeben werden konnte, wird schlagartig klar, dass es bei solch ambitionierten aber nötigen Maßnahmen ebenfalls einer völlig neuen Struktur und Ausstattung der Energieberatung bedarf.

Dieses Rechenbeispiel soll zeigen, welchen drastischen Konsequenzen der Auftrag aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch auf Stuttgart und damit auch für den Haushalt 22/23 hat. Leider fehlt aber bisher immer noch eine systematische Übersicht über alle Sektoren, was das Vorziehen der Klimaziele auch für den Doppelhaushalt 22/23 bedeutet. Dieses Wissen ist aber dringend nötig, damit für die nächsten beiden Jahre nicht mit überholten Klimazielen gearbeitet wird. Im Klimaschutz können wir uns keine zwei verlorenen Jahre leisten.