Gesundheitsamt stärkt Kinder, Jugendliche und Eltern: Frühförderstelle, Adipositas-Prävention, und Kooperation mit KiFaZe benötigen Stellen

Wir beantragen die folgenden Stellenschaffungen:

  1. 0,3 Stellenanteil, EG 14/15, Facharzt/-ärztin Kinder- und Jugendmedizin in der Interdisziplinären Frühförderstelle (53-3.0) lfd Nr 3945.
  2. 1,0 Stelle A 11, Sozialpädagog*in für Fallmanagement adipöser Kinder und Jugendliche (53-5), lfd Nr 3960, (GRDrs 1064/2020)
  3. 1,0 Stelle S 11b, Familienkinderkrankenpfleger*in für Kinder- und Familienzentren im Handlungsfeld “Eltern stärken” (53-3.1), lfd 3970

Begründungen:

Zu1) Interdisziplinäre Frühförderung: Die Erhöhung des Stellenanteils hat für das Gesundheitsamt oberste Priorität! 2014 sind mit der in Kraft getretenen Landesrahmenvereinbarung (LRV) zur Umsetzung der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung – FrühV) neue Aufgaben hinzugekommen. Ebenso beruht ein Rechtsanspruch auf Interdisziplinäre Frühförderung auf dem Bundesteilhabegesetz und Sozialgesetzbuch IX. Das Angebot richtet sich an Stuttgarter Kinder mit Entwicklungsstörungen und/oder (drohenden) Behinderungen von Geburt bis zur Einschulung und deren Eltern und Bezugspersonen. Die Interdisziplinäre Frühförderstelle (IFF) verzeichnet seit ihrer Gründung eine erhebliche Arbeitsvermehrung. Nicht nur die Zahl der betreuten Kinder ist seitdem um 93% gestiegen, sondern auch die Fallkomplexität sowie Abstimmungs- und Koordinationsaufwand mit durch Erweiterung der Fachbereiche. Zudem müssen seit 2015 Erstgespräche persönlich durchgeführt werden. (GRDrs 582/2014; GRDrs 763/2018). Dennoch ist der Stellenanteil für die Facharzt/-ärztinnenstelle über Jahre hinweg gleichgeblieben. Eine Anpassung der Leitungs- und Arztstelle an den tatsächlichen Bedarf ist daher fachlich dringend geboten. Die hohe Überstundenzahl im IFF war wegen des immensen Überstundenausgleichs bereits Thema im Reform- und Strukturausschuss (s.GRDrs 316/2020), was die Dramatik verdeutlicht.

Zu 2) Für das Fallmanagement für adipöse Kinder und Jugendliche ist eine erhebliche Arbeitsvermehrung zu konstatieren. Es werden immer mehr adipöse Kinder und sie werden schwerer. Neben dem allgemeinen Trend zu Bewegungsmangel, verschärft(e) die Corona-Pandemie das Problem durch geschlossene Sporthallen, Bäder und Kitas. Ebenso konnten Auffälligkeiten im Lockdown seltener und zu spät erkannt werden, mangels Meldungen von pädagogischem Personal und reduziertem Zugang der Frühföderstelle IFF. Die Problematik des steigenden Anteils adipöser Kinder und Jugendlicher ist nicht nur für die Betroffenen selbst ein erhebliches gesundheitliches Problem, das psychische Erkrankungen durch die gesellschaftliche Stigmatisierung zur Folge haben kann. Zudem ist Adipositas in Kindheit und Jugend häufig die Ursache für viele im Laufe des Lebens sich manifestierender chronischer Erkrankungen. Nicht nur das Individuum leidet, auch die gesellschaftlichen Kosten sind erheblich. Adipositas entfaltet im Laufe des Lebens eine Vielzahl an schwerwiegenden chronischen Erkrankungen (Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Stoffwechsel- und Gelenkerkrankungen u.v.m.). Bereits heute müssen die Krankenkassen Folgekosten von geschätzt 60 Milliarden Euro jährlich aufbringen.

Zu 3) Familienkinderkrankenpfleger*in für Kinder- und Familienzentren im Handlungsfeld “Eltern stärken” Für die verbindliche Kooperation zwischen Gesundheitsamt und Kinder-und Familienzentren wird die Neuschaffung der Stelle gemäß dem vom Jugendamt in der GRDrs 871/2018 vorgestellten Konzept erforderlich. Im Rahmenkonzept der Stuttgarter Kinder- und Familienzentren (KiFaZ) ist als Basisstandard im Handlungsfeld „Eltern stärken“ eine verbindliche Kooperation mit dem Gesundheitsamt vorgesehen. Diese Kooperation soll Angebote vor Ort beinhalten.

In den letzten Jahren konnten Erfahrungen mit versuchsweisen Angeboten des Gesundheitsamts für KiFaZe gesammelt werden. Es zeigte sich, dass nur ein regelmäßiges Angebot, bei dem eine konstante Person mit hoher Expertise in allen Fragen rund um die gesunde Entwicklung und Pflege und einfühlsame Versorgung von Kindern im jeweils individuellen, auch häufig schwierigen familiärem Umfeld, von den Eltern gut angenommen wird. Diese Expertise entspricht dem Berufsbild der Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in (FKKS). Denkbar wäre fachlich auch die Besetzung durch eine Kinderkrankenschwester mit Erfahrung in Elternberatung und Prävention.

Eine weitere Erkenntnis war, dass dieses feste Angebot in Form eines Elterntreffs oder Mutter-Kind-Cafés mindestens einmal pro Monat stattfinden muss, um sich etablieren zu können. Bei 33 KiFaZ würde das bei einem Termin pro KiFaZ und Monat à 3,5 Stunden (Zeitaufwand mit Anfahrt, Vor- und Nachbereitung) insgesamt 115,5 Arbeitsstunden pro Monat (1386 Arbeitsstunden pro Jahr, entsprechend 90 % Stellenanteil) ergeben. Weitere 10 % sind für Erarbeitung von Konzepten, Materialbeschaffung oder Begleitung von Projekten wie Gesundheitstagen sowie Aufbau und Pflege von Kooperationen zu veranschlagen. Insgesamt wird damit eine 100 %-Stelle beantragt.

Eine verbindliche Kooperation zwischen Gesundheitsamt und KiFaZ ist neu im Rahmenkonzept des Jugendamts. Dem entsprechenden Antrag zur Stellenschaffung im vergangenen Haushalt 2020/21 wurde nicht stattgegeben. Daher konnte die im Konzept festgeschriebene Kooperation mit festen Angeboten des Gesundheitsamts in den KiFaZ noch nicht umgesetzt werden.