Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für das Schoettle-Areal Böblinger Str. 68-78 in Stuttgart Süd vorbereiten

Wir fragen:

  1. Haben – wie es laut Stellungnahme der Stadt auf unseren Antrag 108/2020 vom 22.1.21 vorgesehen war – seit Mitte Januar dieses Jahres weitere Gespräche zwischen Stadt und Land „auf der Basis des Ergebnisses der Entbehrlichkeitsprüfung“ über einen Erwerb des Areals Böblinger Straße 68-78 stattgefunden und was ist der aktuelle Stand dazu?

Wir beantragen:

  1. Der Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal wird im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen die Möglichkeit gegeben, Ihre Ideen und Visionen zur Entwicklung eines genossenschaftlichen, solidarischen und ökologischen Wohnkonzepts vorzustellen. Ziel ist, dass die Stadt das Areal kauft und anschließend entweder in Erbbaurecht oder in Form eines Mietshäusersyndikat-Projekts ein Quartier für dauerhaft bezahlbares Wohnen entsteht.
  2. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, unverzüglich die vorbereitenden Untersuchungen für das rd. 15.105 m² große Schoettle-Areal in Stuttgart-Süd gemäß § 165 Abs. 4 BauGB zu beginnen, um die Voraussetzungen für den Beschluss der Städtebaulichen Entwicklungsmaßname nach Ziffer 1 des Antrags zu schaffen. Ziel und Zweck der Satzung ist es, durch städtebauliche Neuordnung die Schaffung von leistbarem Wohnraum, öffentlicher Nutzung sowie der besonderen Beachtung der Maßgaben für Klimaschutz und Klimaanpassung des §1 und §1a des BauGB sicherzustellen. Bei der Neuordnung ist besonders darauf zu achten,
    1. dass dauerhaft bezahlbarer Wohnraum für eine vielfältige Bewohnerschaft (inkl. Auszubildende, Studierende, Migrant*innen, Kleingewerbe-Treibende u.v.m. etc.) entsteht;
    2. dass dafür kooperative und genossenschaftliche Wohnformen entwickelt werden,
    3. dass investorengetriebener Stadtentwicklung Einhalt geboten und langfristig Gemeineigentum gesichert wird durch Grundstücksvergabe im Erbbaurecht,
    4. dass unter dem Leitbild einer identitätsstiftenden solidarischen Nachbarschaft Wege, Plätze und Räume (Aufenthalts- und Multifunktionsräume für Veranstaltungen, Ausstellungen, Events) im Areal öffentlich zugänglich bleiben, um Begegnungsräume ohne Konsumzwang (Stadtteilkantine, Sharing-Räume, u.a.) auch für benachteiligte Menschen – zu schaffen;
    5. dass das Schoettle-Areal zum Modellprojekt der kurzen Wege wird, indem Wohnen, Arbeit, Freizeit/Kultur im Quartier ermöglicht wird, indem Kleingewerbe, Werkstätten, Co-Working-Spaces und Shared Offices, die auch temporär nutzbar sein sollen, neben Wohnungen, Stadtteilkantine mit Außen-gastro, Urban Gardening/Farming und Infrastruktureinrichtungen eingeplant werden;
    6. dass die bestehenden Gebäude weitestgehend erhalten und mit möglichst kleinen Eingriffen umgebaut werden, um neue Nutzungen zu ermöglichen. Bauen muss unter strengen ökologischen, energetischen und sozialen Standards erfolgen.
    7. dass für entschleunigte emissionslose Mobilitätsformen Fahrradabstellpätze geschaffen werden und eine Lastenrad-Sharing-Station eingerichtet wird. Angesichts der sehr guten Anbindung des Areals an den ÖPNV mit Carsharing-Station in unmittelbarer Nähe, können die heutigen PKW-Stellplätze auf dem Gelände in Freiraum umgewandelt werden.

Begründung:

Das Schoettle-Areal mit einer Fläche von 15.105 m² befindet sich aktuell im Eigentum des Landes Baden-Württemberg und wird vom Statistischen Landesamt und der Universität Stuttgart genutzt. Bis 2023 wird das Statistische Landesamt in neue Räumlichkeiten ziehen, die Universität wird voraussichtlich 2035/40 ausziehen, so dass „das Gelände in zwei Abschnitten mittelfristig freigemacht“ wird.

Gemäß Stellungnahme auf unseren Antrag 108/2020 hat die Stadt ein aktives Kaufinteresse gegenüber dem Land formuliert, was wir begrüßen. Mit einer weiteren Stellungnahme vom 22.1.2021 wurde festgestellt, dass der Zeitpunkt für einen Erwerb weiterhin offen ist, dass aber auf der Basis des Ergebnisses der Entbehrlichkeitsprüfung „Ende Januar 2021 weitere Gespräche folgen“ sollten.

Daher soll frühzeitig auf den Beschluss einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme durch den Gemeinderat für das Areal hingewirkt werden. Mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) hat die Stadt nach §165 Baugesetzbuch (BauGB) die Möglichkeit, eine städtebauliche Neuordnung herbeizuführen und die Planungsgewinne in kommunaler Hand zu bewahren.

Nur wenn frühzeitig die Weichen für ein alternatives Quartiers- und Wohnmodell gestellt werden, kann verhindert werden, dass kommerziell orientierte Investoren Wohnungsbau für exklusive Ansprüche mit der Folge von Gentrifizierung betreiben. Noch ist der Stuttgarter Süden/ Heslach weitgehend ein vielfältiger Stadtteil und das soll er auch bleiben.

Da bereits sehr interessante und vielfältige Ideen und Visionen von der Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal entwickelt wurden, soll sich die Stadt als zukünftige Käuferin des Areals sowie der Gemeinderat darüber informieren.

Als Teil einer städtischen Bodenvorratspolitik kann auf dem Areal dringend erforderlicher bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, u.a. auch zur Unterbringung von Familien und Alleinerziehenden, die derzeit in Sozialhotels untergebracht sind oder Wohnraum für Auszubildende, städtisches Personal und schlicht Menschen mit eher niedrigen Einkommen.

Fakt ist, in Stuttgart gibt es einen massiven Mangel an leistbarem Mietwohnraum. Zum Jahresende 2019 waren in der Vormerkdatei für eine Sozialmietwohnung ca. 1.985 Familien und Alleinerziehende vorgemerkt. Der kommunale Bestand an Wohnungen muss deutlich erhöht werden. Das Areal in Heslach kann hierbei einen wichtigen Beitrag leisten.