„Barcelona Superblock“ im Stuttgarter Westen erproben

Wir beantragen: Die Verwaltung berichtet in der übernächsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg) über die weitere Vorgehensweise zur Umsetzung des Modells „Barcelona Superblock“ im Stadtbezirk West.

Wir bitten darum, vorab die Bereitschaft zur wissenschaftlichen Betreuung durch die Universität Stuttgart oder eine andere Hochschule zu prüfen. Zudem soll Herr Bezirksvorsteher Bernhard Mellert zur Beratung hinzugezogen werden.

Die Verwaltung unterbreitet dem Ausschuss einen Finanzierungsvorschlag für eine Machbarkeitsstudie. Wir empfehlen, nicht abgerufene Haushaltsmittel aus der entfallenen Tagung „Cities for Mobility“ für das Projekt heranzuziehen.

Begründung:

Nach dem positiven Votum des Bezirksbeirats Stuttgart West zum Modell „Barcelona Superblock“ wollen wir dieses Stadttransformationsprojekt – wie von uns bereits in den Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 beantragt – zügig in die Umsetzung bringen. Der Talgrund West gewährleistet aufgrund seines historischen Stadtgrundrisses die einfache Adaption des Superblock-Modells. Das Interesse der Universität Stuttgart an dieser Versuchsanordnung würde gewährleisten, dass eine wissenschaftliche Begleitung erfolgt, und die Personalressourcen der Ämter nicht zu sehr beansprucht werden.

Mit dem Modell „Barcelona Superblock“ wird das Ziel verfolgt, die Annexion des öffentlichen Raums durch den Autoverkehr rückgängig zu machen, um im nachgelagerten Straßennetz menschenfreundliche und für alle zugängliche Quartiere zu schaffen. Die Aufenthaltsqualität und Wohnumfeldqualität für Anwohner*innen wird hierdurch nachweislich erheblich gesteigert. Der Superblock bringt Leben ins Quartier: Statt Autolärm sind auf den Straßen spielende Kinder und Jugendliche zu hören. Eltern und Senior*innen sitzen auf Bänken und genießen die Sonne. Ausgehend vom „Urban Mobility Plan of Barcelona“ mit seinem „Superblock“-Konzept gelingt der katalanischen Metropole die Mobilitätswende.

Kernelement ist die Bündelung des motorisierten Verkehrs an den Außenkanten des Superblocks. Im Inneren gilt für den Kfz-Verkehr Schrittgeschwindigkeit. Fußgänger*innen und Radfahrende haben Vorrang. Anwohner*innen und Lieferanten können mit Pkw oder Lieferfahrzeugen Teilbereiche der Blöcke befahren, der übrige Autoverkehr bleibt draußen. Autofahrende müssen jedoch immer links um einen Block abbiegen, wodurch die Durchgangsverkehrsproblematik bewältigt wird und der Autoverkehr nachweislich um 85 % verringert werden konnte.

Die frei gewordenen Flächen in der außergewöhnlich dicht bebauten Stadt sind zu Spielplätzen, Ruhezonen oder Fußballfeldern umgestaltet worden. Mehr Baumbestand und Stadtgrün verbessert das Bioklima und wirkt dem Hitzeinseleffekt entgegen. Barcelona hat sich das Ziel gesetzt, 80 % der Fläche des öffentlichen Raums durch Bäume zu beschatten. Der Fahrrad- und Fußverkehr erhält auf diesem Weg echte Netzqualität. Dadurch fällt es Anwohnern leichter, auf ihr Auto zu verzichten. Expert*innen sehen in diesem Konzept ausschließlich Vorteile und ziehen es als Referenzprojekt heran für innovative Quartiersentwicklung. So wird gegenwärtig im Berliner Bergmannkiez der Superblock erprobt.