ÜBERFLUTUNGSGEFAHREN der Innenstadt und des Tiefbahnhofs durch S21

Der Tiefbahnhof „Stuttgart21“ quert die ganze Talsenke zwischen Kriegsberg und Uhlandshöhe. Er wird sich als 8 Meter hoher Damm über dem heutigen Gelände erheben und dadurch die natürliche Abflussrinne des Nesenbachs abriegeln. Bei Starkregen wird der bisherige breite Abflussweg des Wassers in Richtung Schlossgarten stark verengt, das Wasser staut sich auf einer viel kleineren Ablauffläche auf, womit ein schnellerer und höherer Anstieg des Wasserpegels verbunden sein wird. Zudem zerschneidet das S21-Trogbauwerk alle Haupt-Abwasserkanäle der Innenstadt und diese müssen gedükert werden, was die Abflussleistung verringert (Dazu im Einzelnen siehe weiter unten).

Alle Faktoren zusammengenommen führen zu einem beträchtlich steigenden Überflutungsrisiko für die Innenstadt, insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass der bereits in vollem Gang befindliche Klimawandel Stärke und Häufigkeit solcher Starkregen weiter zunehmen lassen wird.

Die Gefahr von Überflutungen des Tiefbahnhofs und der Neckartunnel ist kein Hirngespinst von S-21-Gegner_innen. Beim Überschreiten bestimmter Begrenzungswasserstände sind Notflutungen des Bahnhofs und der Neckartunnel vorgesehen. Diese sind notwendig, um ein Aufschwimmen der Bauwerke zu vermeiden, wenn der Grundwasserstand den festgelegten Grenzwert überschreitet. Die „Notflut-Öffnungen“ (siehe Anhang) sind Bestandteil der Planfeststellungen und in den Seitenwänden der bereits fertiggestellten Tunnel bereits (sichtbar) eingebaut.

Dadurch stellen sich Fragen zur Überflutung der Klettpassage und des Tiefbahnhofs mit unübersehbaren Folgen für Menschen und die Anbindung Stuttgarts an den Zugverkehr. Die Gleise, Bahnsteige und die gesamte technische Infrastruktur müssten nach einer Überflutung gesäubert und durch neue Einrichtungen ersetzt werden. Stuttgart wäre voraussichtlich für sehr lange Zeit nicht mehr mit dem Zug erreichbar.

Wir fragen von welchen Risikoszenarien die Bahn ausgeht, welche Maßnahmen zur Verhinderung einer solchen Katastrophe getroffen werden und mit welchem Zeit- und Kostenaufwand im worst-case-Fall einer Flutung der Klettpassage und des Bahnhofs gerechnet wird.

Das Überflutungsrisiko der Innenstadt bzw. vor der Klettpassage ergibt sich aus den nachfolgend aufgeführten technischen Details:

Der als „Notabflussrinne“ vorgesehene Tiefpunkt des Wallsattels vor der Stadtbahnhaltestelle „Staatsgalerie“ liegt auf 241,35 mNN bzw. bei 241,60 m NN im Bereich des Unterhaupt-Pumpbauwerkes und damit rd. 2 m über dem heutigen Gelände-Tiefpunkt im Bereich Schillerstraße (239,67 mNN). Gegenüber der bestehenden, etwa 200 m breiten Talsenke stellt diese nur etwa 35 m breite „Notabflussrinne“ eine Engstelle dar mit nur noch etwa einem Zehntel des bisherigen Fließquerschnittes. Bei einem schweren Starkregen besteht die Gefahr, dass sich ein großer „Stausee“ im Bereich der Senke der Schillerstraße und im „Oberen Schlossgarten“ bildet und bis vor das Opernhaus erstreckt und auch die untere Königstraße umfasst.

Zur o.g. Problematik der Zerschneidung aller Haupt-Abwasserkanäle der Innenstadt durch das S21-Trogbauwerk: Die sehr aufwendige Dükerung hat hohe Kosten zur Folge, da der Düker unter dem Bauwerkstrog hindurchgeführt werden muss. Dadurch wird die mögliche Abflussleistung der bislang gerade durchlaufenden Abflusskanäle deutlich um etwa 20 % verringert; gegenüber dem bisherigen Zustand würden zukünftig also schon weit geringere Starkregen das Abwassernetz der Innenstadt überlasten und zu Überschwemmungen führen als bisher.

Wir fragen daher:

  1. Von welchen Risikoszenarien geht die Bahn im Falle von Starkregen aus?
  2. Von welchen Annahmen geht die Bahn im Falle von Überflutungsrisiken im best- und worst case-Szenario aus?
  3. Im Falle einer Flutung und/oder Notflutung des Tiefbahnhofs: Mit welchen Zeiträumen rechnet die Bahn, bis Überflutungsschäden vollständig beseitigt werden, um die Wiederinbetriebnahme des Bahnverkehrs mit dem fahrplanmäßigem Regelbetrieb wiederaufnehmen zu können? Wie lange werden Betriebsunterbrechungen von und nach Stuttgart voraussichtlich minimal/maximal dauern?
  4. Welche Regenmenge in l/m² führt zu einer Überlastung der Abwasserkanäle?
  5. Mit welcher Häufigkeit solcher Starkregen mit Überlastung der Abwasserkanäle ist künftig zu rechnen?
  6. Welche Innenstadtbereiche werden von solchen Überflutungen bei Starkregen betroffen sein?
  7. Welche Schutz- und Notfallmaßnahmen sind bei Starkregen gegen Überflutungen vorgesehen?

Gem. Planfeststellung soll die Klett-Passage mit der unterirdischen Stadtbahn-Haltestelle durch Einlegen von Dämmbalken-Verschlüsse vor Überflutungen geschützt werden.

  1. Wo werden die zum Einlegen der Dämmbalken-Verschlüsse notwendigen Haltevorrichtungen an den Abgängen zur Klettpassage angebracht?
  2. Wo sind diese Dämmbalken gelagert, damit sie im Ereignisfall sofort verfügbar sind?
  3. Wie viel Zeit benötigt die damit betraute Mannschaft, um an Ort und Stelle zu sein und die Dämmbalken aus ihrem Lager heranzubringen und an den Abgängen in die Haltevorrichtungen einzulegen, so dass die die Königstraße herunterströmenden Wassermaßen wirksam vom Einströmen in die Klettpassage abgehalten werden?Anmerkung: Es gibt insgesamt 6 Abgänge zur Klett-Passage zuzüglich dem großen Ausgang zum Park, der ja erhalten bleiben soll und über den die Klett-Passage als erstes droht vollzulaufen.
  4. Wie soll der große Ausgang der Klettpassage, der etwa 5 m unterhalb der Schillerstraße liegt und somit als erstes überflutet wird, vor den eindringenden Wassermassen geschützt werden? Auch dort gibt es keinerlei Haltevorrichtungen für Dämmbalken o. ä..
    a) Sind hier selbsttätig schließende Fluttore vorgesehen?
    b) Wann sollen diese nachgerüstet werden und wer trägt dafür die Kosten, die Stadt oder die DB?

Im Gegensatz zu den bisher gerade durchlaufenden Abwasserkanälen, die selbstreinigend sind, müssen die Düker-Kanäle nach jeder Flutung durch einen stärkeren Regen wieder leergepumpt und gereinigt werden. Dadurch entstehen zusätzliche, S21-bedingte Reinigungskosten. Außerdem entstehen zusätzliche S21-bedingte Kosten für Wartung und Unterhalt sowie Instandhaltung, Reparaturen usw. der gesamten technischen Ausrüstung der Düker-Bauwerke wie Pumpanlagen, Schieber, Steuerungs- und Überwachungsanlagen, Belüftungs- und Beleuchtungsanlagen, Elektro-Schaltanlagen u.a.m.

  1. Mit welchen zusätzlichen, S21-bedingten jährlichen Betriebs-Mehrkosten für das Leerpumpen (einschl. Pumpstrom-Verbrauch) und Reinigungen der Mittelwasser- und Hochwasser-Kanäle der Düker ist zu rechnen?
  2. Wie viele Mitarbeiter werden dafür zusätzlich, S21-bedingt benötigt?
  3. Wie hoch werden die dadurch zusätzlichen, S21-bedingten jährlichen Personalkosten sein?
  4. Mit welchen zusätzlichen, S21-bedingten jährlichen Betriebs-Mehrkosten für Wartung und Unterhalt sowie Instandhaltung, Reparaturen usw. der gesamten technischen Ausrüstung der Düker-Bauwerke ist zu rechnen?
  5. Mit welchen zusätzlichen, S21-bedingten jährlichen Abschreibungs- und Rückstellkosten für die Wiederbeschaffung der technischen Ausrüstung nach Ablauf der Anlagenlebensdauer von höchstens 15 Jahren ist zu rechnen?

Wir beantragen:

  1. Die beiden Experten Hans Heydemann und Dr. Christoph Engelhardt werden in den übernächsten S-21-Ausschuss eingeladen, um die Problematik der Überflutungsrisiken darzustellen.
  2. Die Bahn nimmt Stellung zu den oben aufgeworfenen Fragen, die wir hiermit vorab für deren bessere Vorbereitung gestellt haben.

Anlage: Abbildungen 2018-08-31_ANLAGE Überflutungsrisiken der Innenstadt und des Tiefbahnhofs durch S21