Eine SEK-Übung, die Stadt und die Mieter der Beethovenstraße

Der Bau- und Wohnungsverein (BWV) als Eigentümer informierte die beiden Mieter am Abend des 17. November 2016 gegen 20 Uhr darüber, dass „am Freitagmorgen, den 18.11.2016“ eine Polizeiübung in den Wohngebäuden der Beethovenstraße 62 – 64 stattfinden werde. Keine zwölf Stunden sollten zwischen Ankündigung und Übung liegen. An jenem Freitagvormittag ließ der BWV abermals via Aushang wissen: „am Freitag, 18. November 2016 wird durch die SEK eine Polizeiübung im Haus Beethovenstraße 64-68 stattfinden“, man hatte sich wohl entweder beim ersten Aushang in der Hausnummer vertan, oder die Übung kurzerhand aus anderen Gründen verlegt. Auf Nachfrage der Mieter bestätigte der BWV, dass der Vorstand entschieden hatte, die Mieter erst zwölf Stunden vor dem Einsatz zu informieren.

Wir stellten der Verwaltung in dem Zusammenhang folgende Frage:

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist Mitglied im Bau- und Wohnungsverein (BWV). Was hat die Stadt als Mitglied unternommen, diese Übung eines Sondereinsatzkommandos (SEK) in einem bewohnten Gebäude zu unterbinden?

OB Kuhn antwortete: „Das Spezialeinsatzkommando Baden-Württemberg (SEK) war entgegen den Vermutungen der Antragsstellerin nicht beteiligt.“ Den Mietern in der Beethovenstraße wurde mitgeteilt: „Am Freitag, 18. November 2016 wird durch die SEK eine Polizeiübung im Haus Beethovenstraße 64-66 stattfinden“.

Entgegen Kuhns Darstellung war das keine Vermutung, sondern belegbare Tatsache: Eine SEK-Übung war angekündigt!

SEK-Übungen

OB Kuhn stellte in seiner Antwort grundsätzlich klar: „Da Übungen dieser Art keine Außenwirkung entfalten, informiert das Polizeipräsidium Stuttgart die Landeshauptstadt in der Regel nicht.“ Wir halten fest: keine Außenwirkung weil niemand davon betroffen ist. Im gleichen Schreiben formuliert OB Kuhn: „Letztlich fand die Übung aus Rücksicht auf die Belange der Anwohner dennoch nicht statt.“

Fazit: Eine solche Übung hat keine Außenwirkung, aber aus Rücksicht auf die Anwohner wurde die Übung abgesagt – weil sie eine Außenwirkung hat. Egon Friedell würde sagen: „Wenn ich mir widerspreche – warum widersprechen Sie mir?“

Kuhn schreibt: „Die geplante Übung, die in dem leer stehenden Gebäude des BWV hätte stattfinden sollen, war mit Vertretern des Gebäudeeigentümers BWV abgestimmt.“ Die Stadt ist Mitglied im BWV und wusste auf Nachfrage auch nichts von dem geplanten Einsatz. BWV-Verwaltungsratsmitglied Michael Föll und Sicherheits-und Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (beide CDU) waren angeblich nicht informiert, das jedenfalls behauptet Kuhn in seiner Antwort auf unsere Fragen. Geplant war die Übung (entgegen Kuhns Behauptung) nicht in einem leer stehenden, sondern in einem bewohnten Gebäude.

Kuhn schreibt: „Die Übung sollte nicht in den noch bewohnten Gebäuden durchführt werden, so dass von einer „Terrorisierung der Mieter“ nicht die Rede sein kann.“ Einer der beiden Mieter wohnt in der Beethovenstraße 62, auf der Ankündigung stand: „Am 18. November 2016 wird eine Polizeiübung in der Beethovenstraße 62-64 stattfinden“. Eine glatte Falschbehauptung des OBs also. Der BWV korrigierte sich zwar am Tag der geplanten Übung von 62-64 auf 64-66, die Bewohner der Beethovenstraße 62 mussten aber zwölf Stunden lang davon ausgehen, dass in ihrem Haus die Polizeiübung stattfinden werde.

Wer zwölf Stunden vor einer geplanten SEK-Übung die Mieter eines Wohnhauses informiert und sich dann in der Hausnummer irrt, der macht sich unglaubwürdig. Die Mieter – eine vierköpfige Familie –  mussten davon ausgehen, dass in ihrem Haus eine SEK-Übung stattfinden würde. Schon allein die Ankündigung solcher Maßnahmen zeigt, was die Vermieter von ihren Mietern halten: nämlich gar nichts. Die Antwort der Verwaltung auf unsere Fragen ist nicht nur dürftig und fehlerhaft, sie zeigt auch Widersprüche, die sie unglaubwürdig macht.