Wir beantragen:
Die Stadt Stuttgart sichert den Betreuungsorganisationen einen einheitlichen Betreuungsschlüssel für Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung wie auch in der Anschlussunterbringung zu.
- Für beide Gruppen von Flüchtlingen gilt ein einheitlicher Betreuungsschlüssel von 1:110.
- Die Verwaltung stellt dar, ab wann diese Regelung frühestens umgesetzt werden kann und in welcher Höhe die Kosten hierfür bis Ende des Jahres 2016 und Ende 2017 liegen.
Begründung:
Wir haben in den vergangenen Haushaltsberatungen die Verbesserung des bestehenden Betreuungsschlüssels von derzeit 1:136 analog der Forderungen der Betreuungsorganisationen auf 1:100 gefordert. Leider fand sich keine Mehrheit dafür. Dennoch sind wir überzeugt, dass sich eine gute Betreuung der Flüchtlinge heute in Zukunft durch eine schnellere und bessere Integration bezahlbar macht. Die Landesregierung hat nun angekündigt, die Kosten für Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung für einen verbesserten Betreuungsschlüssel von 1:110 zu übernehmen. Diesen Schritt begrüßen wir, allerdings lehnen wir eine Differenzierung und damit auch Schlechter-Stellung der Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung, die von der Stadt bezahlt werden muss, ab. Unterschiedliche Betreuungsschlüssel sind aus inhaltlichen und organisatorischen Gründen nicht sinnvoll.
Wir haben in Stuttgart die Situation, dass Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung noch längerfristig in den städtischen Flüchtlingsunterkünften/Systembauten bleiben müssen. Diese Einschätzung wurde in der Juni-Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses von Seiten der Verwaltung bestätigt. Es sei davon auszugehen, dass die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge, die sich im Status der sogenannten „Anschlussunterbringung“ befindet, kaum Chancen haben, in naher Zukunft Privatwohnungen anmieten zu können. Angesichts der äußerst angespannten Lage auf dem Stuttgarter Wohnungsmarkt ist diese Einschätzung realistisch.
Der Betreuungsaufwand für Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung ist auch keineswegs geringer, als bei den vorläufig untergebrachten Flüchtlingen. Sie benötigen viel Unterstützung bei der Arbeits-, Ausbildungs- und Wohnungssuche. Oder um es mit Herrn Nöh, Geschäftsführer der AWO zu sagen: „Wenn jemand seine Anerkennung bekommt, dann geht es doch erst richtig los mit der Arbeit“ (StZ vom 11.7.2016)
Für die Betreuungsorganisationen bedeutet dies einen erheblichen organisatorischen Aufwand. Da es unsicher ist, wie viele Flüchtlinge in welchem Zeitraum von einem Status in den anderen wechseln, fehlt ihnen Planungssicherheit. Sie könnten nur noch 6-12-Monatsverträge für neu einzustellende Sozialpädagog_innen ausstellen, da unklar ist, wie viele Flüchtlinge in einem halben Jahr noch betreut werden müssen. Bei solch unattraktiven Arbeitsbedingungen findet man kaum qualifiziertes und motiviertes Personal, was sich negativ auf die inhaltliche Arbeit auswirken wird. Für die Organisationen geht ein massiv erhöhter Personalplanungsaufwand einher. Diese personellen und finanziellen Ressourcen wären besser in einer guten Betreuung für Flüchtlinge angelegt, als in Verwaltungsarbeit von Betreuungseinrichtungen.