Im Wortlaut: Gari Pavkovic bei der Vorstellung in der Fraktion SÖS-LINKE-PluS am 15. Juni 2016 im Rathaus

Ich begrüße es, dass die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS im Rahmen der diskutierten Neuordnung der Bürgermeisterreferate sachbezogene Vorschläge zu einer  sozial nachhaltigen Stadtentwicklung entwickelt. Insbesondere begrüße ich das Ansinnen, die Themen Integration und gesellschaftliche Vielfalt politisch aufzuwerten.

Integrationspolitik ist seit 15 Jahren Chefsache des Oberbürgermeisters im Stuttgarter Rathaus, und wir haben damit insgesamt sehr gute Erfahrungen gemacht – nicht zuletzt, weil die notwendige referatsübergreifende Zusammenarbeit in der Regel besser gelingt, wenn sie im Auftrag des OB erfolgt. Sollte im Falle einer Neuorganisation die Integrationsabteilung einem anderen Referat zugeordnet werden, halte ich es ganz in Übereinstimmung mit SÖS-LINKE-PluS für erforderlich, dass diese Arbeit auch inhaltlich aufgewertet wird.

Es reicht nicht aus, die Abteilung Integration in ein Amt für Integration – oder weiter gefasst in ein Amt für Vielfalt – umzubenennen, ohne dass damit auch erweiterte Kompetenzen verbunden sind.

Die Stadt Freiburg hat aktuell ein eigenständiges Amt für Migration und Integration im Dezernat des dortigen Sozial- und Kulturbürgermeisters eingerichtet. Neben der bisherigen Stabsstelle für Migration und Integration sind dort auch die Aufgaben der Flüchtlingsintegration gebündelt (bisher im Sozialamt) sowie der Ausländerbehörde (bisher im Amt für öffentliche Ordnung). Dies ist eine echte Aufwertung der kommunalen Integrationsarbeit, die auch in Stuttgart Sinn machen würde.

Der Zuschnitt eines neuen Referates mit dem Handlungsfeld Integration und Vielfalt ist in Stuttgart noch nicht entschieden. Im Gespräch ist ein Referat Soziales, Arbeit und Integration analog dem Landesmodell eines Ministeriums für Soziales, Arbeit und Integration. Im Gespräch ist auch ein Referat Soziales, Kultur und gesellschaftliche Vielfalt. In puncto Integration ist Kultur neben der Arbeit und der Bildung ein wichtiger Motor.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS geht einen Schritt weiter und schlägt mich als künftigen Bürgermeister für ein solches neu strukturiertes Referat vor. Dieser Vorschlag ist eine große Würdigung meiner bisherigen Arbeit und ehrt mich sehr. Ich arbeite seit 25 Jahren bei der Stadt in Leitungsfunktionen, seit 15 Jahren als Integrationsbeauftragter im OB-Bereich. Ich würde es begrüßen, wenn Stuttgart als eine internationale Stadt mit einem Einwandereranteil von fast 50 Prozent an der Gesamtbevölkerung einen kompetenten Integrationsbürgermeister bekommen würde, der selbst Einwanderer ist – in Verbindung mit den anderen genannten Schwerpunktthemen im neuen Referat. Und ich traue mir selbst zu, diese Aufgabe zu übernehmen.

Ob ich mich selbst bewerben werde, entscheide ich jedoch erst, wenn die vom Oberbürgermeister mit den Fraktionen abgestimmte Stellenausschreibung mit dem konkreten Zuschnitt des Referats bekannt gegeben wird. Mein Interesse ist es, eine nachhaltige Stadtpolitik zum Wohle aller Stuttgarter_Innen mit zu gestalten – jenseits von parteipolitischen Partikularinteressen, d.h. als Führungskraft in der Stadtverwaltung. Dafür bedarf es natürlich der Unterstützung einer Mehrheit im Gemeinderat.

In der aktuellen Diskussion über die Umstrukturierung einiger Referate geht es selbstredend auch um parteipolitische Interessen, aber vor allem um die Sache – die historisch bedingte Zuordnung von Aufgaben zu einzelnen Referaten kann und muss verbessert werden.

Flüchtlingsintegration ist ein Teilbereich der gesamtstädtischen Integrationspolitik. Integration ist ein Teilbereich der gesamtstädtischen Gestaltung von Vielfalt, die unsere Gesellschaft zunehmend prägt. Es geht um gleichberechtigte Teilhabechancen für alle unabhängig vom sozialen Status und Einkommen, Geschlecht, Familienformen, sexueller Orientierung, Herkunft, Religion, Alter oder Behinderung. Eine umfassende soziale Gleichstellungs- bzw. Inklusionspolitik ist zugleich Antidiskriminierungspolitik.

Eine zukunftsorientierte Integrations- und Diversitätspolitik in Stuttgart sollte nicht nur die Defizite der benachteiligten Bevölkerungsgruppen abbauen, sondern auch die Potenziale der vielfältigen Stadtgesellschaft fördern. Sollte ein neues Referat mit den angedachten Ämtern wie Sozialamt, Jobcenter und Amt für Integration/Vielfalt eingerichtet werden, bedarf es weiterhin einer referatsübergreifenden Zusammenarbeit – insbesondere mit dem Bildungsbereich, der Kultur, den Stadtplanern, der kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderung und den vielfältigen zivilgesellschaftlichen Initiativen.

Das Stuttgarter Bündnis für Integration gilt bisher als eine solche große und produktive Verantwortungsgemeinschaft der gesamten Stadtgesellschaft für gleichberechtigte Teilhabe. Dabei geht es nicht nur um die gleichberechtigte Teilhabe der Zugewanderten sondern aller Stuttgarter_Innen. Deswegen spreche ich lieber von sozialer Inklusion und von Förderung der Kompetenzen im Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt als von Integration.

Für mich ist nicht die abschließende Frage, wer wird Bürgermeister_In mit welchen Aufgaben, sondern wie wir die großen Herausforderungen in einer engeren Zusammenarbeit der städtischen Referate und im Zusammenwirken mit weiteren Akteuren (Wohlfahrtspflege, Wirtschaft, Landes- und Bundesebene usw.) meistern. Fakt ist aber, dass Integration und aktive Teilhabe der neu Zugewanderten und da insbesondere der Geflüchteten eine Schwerpunktaufgabe der nächsten Jahre bleiben wird und dass wir diese Aufgabe erfolgreich meistern müssen, um der gesellschaftlichen Spaltung und den damit verbundenen populistischen und rassistischen Tendenzen entgegen zu wirken.

Deswegen befürworte ich die Vorschläge der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS als einen notwendigen sachbezogenen Beitrag zu der aktuellen Diskussion über die  Neugestaltung der Referatszuschnitte. In diesem Kontext verstehe ich die Vorstellung meiner Person als einen möglichen Bürgermeisterkandidaten als Empfehlung im Sinne der fachlichen Kompetenz (ich habe kein Parteibuch). Wie bereits gesagt, werde ich mich zu einer möglichen Kandidatur erst abschließend äußern, wenn klar ist, wie der Verantwortungsbereich und die Gestaltungsmöglichkeiten des neuen Referates seitens des OB und des Gemeinderates definiert sind.