Neue Strategie: Flüchtlinge in den Hinterhalt locken

Die ersten Berichte erreichten uns vor genau einer Woche: Flüchtlinge, die ihre Duldung auf dem Ausländeramt verlängern wollten und zu einem Termin bestellt wurden hatten keine Wahl mehr: die Polizei verhaftete sie direkt vor Ort und steckte sie ins Abschiebegefängnis nach Pforzheim. Am Montag (6. Juni) wurden wir dann über den Fall Arol N. informiert. Der 19-jährige Kameruner wurde in Stuttgart vor der Ausländerbehörde verhaftet und sitzt nun in Pforzheim im Abschiebegefängnis. Daraufhin schrieben wir einen Antrag, eine Anfrage und einen Eilantrag an den Gemeinderat bzw. die Verwaltung. Einerseits geht es uns um die Art und Weise der Abschiebung, die wir als hinterhältig verurteilen. Es zerstört auch jedes Vertrauen in das Ausländeramt. Jeder Asylsuchende mit einer Duldung, der einen Termin beim Ausländeramt hat, muss ab jetzt fürchten, abgeschoben zu werden. Andererseits ist Arol N. ein Musterbeispiel für Integration: sehr gute Sprachkenntnisse, sehr gute Zeugnisse, Engagement und Teamgeist im Fußballverein, Aussicht auf eine Lehrstelle als KFZ-Techniker.

Unser Eilantrag ist noch einmal eine Geschichte für sich: Zunächst wurde der Antrag im Ältestenrat am Donnerstag (9.Juni) besprochen, hier gab es wenig Verständnis für die Dringlichkeit des Antrags. Dass Arol N. bereits eine Woche später würde abgeschoben sein, interessierte dort offensichtlich niemanden. Jedenfalls schaffte es unser Eilantrag nicht auf die Tagesordnung. Das hielt Hannes Rockenbauch aber nicht davon ab, direkt nach der Eröffnung durch den OB Fritz Kuhn das Wort zu ergreifen und eine Aussprache über den Antrag zu erzwingen. Dies gelang auch, hier ein paar Zitate der anderen aus der Debatte:

Martin Körner (SPD) sagte: „Hat sich die Ausländerbehörde ethisch korrekt verhalten? Diese Frage konnte geklärt werden. Weil die Ausländerbehörde rechtlich dazu verpflichtet ist, weil sie rechtlich keine andere Möglichkeit hatte und weil wir uns in einem Rechtsstaat befinden.“

Alexander Kotz (CDU): Wir unterstützen das nicht. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) sagte: Das Verfahren ist rechtens, der betroffene wird nicht in irgendein Land abgeschoben, sondern nach Spanien. Da reist der eine oder andere von uns sogar freiwillig hin. Wir finden es befremdlich, dass der Gemeinderat einen rechtsstaatlichen Vollzug in Frage stellen soll.“

Fritz Kuhn (Grüne) “Unsere Ausländerbehörde hat in der Sache richtig entschieden und hatte keinen Spielraum. Wir haben in Deutschland die Rechtslage, dass abgeschoben werden kann und muss. Abschieben ist im Einzelfall nicht schön”.

Martin Schairer (CDU): “Der Gemeinderat würde eine Resolution gegen europäisches Recht verabschieden, das dürfen Sie nicht. Sie würden eine Resolution gegen eine richterliche Entscheidung machen.”

Dass unser Redebeitrag andere Argumente bemühte, muss an der Stelle nicht vertieft werden. Die anderen ziehen sich nur hinter dem geltenden Recht zurück, haben keine politische Meinung und sprechen wie so oft von „bedauerlichen Einzelfällen“.

Der Gemeinderat sah also die Dringlichkeit nicht, da es sich angeblich “um ein rechtsstaatlich, rechtlich sauberes, abgeschlossenes Verfahren” handelt. Es wurde aber noch abgestimmt, ob der Antrag dringlich ist und somit auf die Tagesordnung zu setzen ist. Ergebnis: 9 Stimmen dafür 50 dagegen und eine Enthaltung (welche der OB übersah).

Die Presse hatte mehr Interesse für unsere Haltung: allein vier Artikel zu dem Thema erschienen in den letzten Tagen.

Mal sehen wie die Verwaltung unsere Anfrage beantwortet.