Inklusion ernst nehmen durch eine hauptamtliche Besetzung der Stelle des/der Behindertenbeauftragte_n

ANTRAG

Text der Anfrage bzw. Antrages:

Inklusion ernst nehmen durch eine hauptamtliche Besetzung der Stelle des/der Behindertenbeauftragten

Begründung:
Der Landtag von Baden-Württemberg hat 2014 das Landes-Behindertengleichstellungsgesetz (L-BGG) fortgeschrieben, am 01.01.2015 trat die Novellierung in Kraft. Der § 15 des L-BGG „Kommunale Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen“ beschreibt die sich hieraus ergebenden gesetzlichen Pflichten für den Stadtkreis Stuttgart, wonach „unabhängige und weisungsungebundene“ kommunale Behindertenbeauftragte zu bestellen sind. Absatz 2 sichert im Fall einer hauptamtlichen Bestellung dafür einen finanziellen Ausgleich im Sinne des Konnexitätsprinzips zu: „Das Land fördert die Bestellung von hauptamtlichen Behindertenbeauftragten in den Stadt- und Landkreisen.“

Die aus dem Gesetz abgeleiteten Aufgaben – „Die Beauftragten sind bei […] allen Vorhaben […], soweit die spezifischen Belange der Menschen mit Behinderungen betroffen sind, frühzeitig zu beteiligen“ – in Verbindung mit den allgemeinen Zielen der von Deutschland ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention, lassen nur den Schluss zu, dass eine Berufung dieser wichtigen Position im Ehrenamt zu einer fortdauernden Überlastung der Person führen muss, selbst wenn dem/der Beauftragen in den Stellenplanberatungen weitere Stellenanteile zugewiesen werden würden. Denn zusätzlich zur Ombudsfunktion kommt eine umfassende, faktisch alle Verwaltungsvorgänge und gemeinderätlichen Gremien berührende Stellenbeschreibung nach Wortlaut des Gesetzes hinzu.

Angesichts der gravierenden, statistisch belegten Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt wäre die hauptamtliche Berufung einer Person mit eigenem Erfahrungshintergrund als schwerbehinderter oder gleichgestellter Mensch ein wichtiges Signal an die 45.000 Menschen mit Behinderung in unserer Stadt. Damit nähme der Gemeinderat die Herausforderung der UN-Behindertenrechtskonvention an, bestehende Diskriminierungen in allen Lebensbereichen zu überwinden. Die hauptamtliche Besetzung der Stelle steht aus unserer Sicht auch nicht im Konflikt mit deren Unabhängigkeit, denn diese ist gesetzlich garantiert. Andere sensible Positionen in der Stadtverwaltung, wie beispielsweise das Rechnungsprüfungsamt, der kommunale Datenschutz oder die Personalräte, haben trotz ihrer Anstellung als Beamte oder Angestellte der Stadt ihre Unabhängigkeit doch unbestritten stets bewahrt. Wir weisen ergänzend darauf hin, dass sich der Inklusionsbeirat ausdrücklich für eine hauptamtliche Berufung ausgesprochen hat, ebenso die noch amtierende Behindertenbeauftragte Ursula Marx und mehrere Fachverbände.

Mit großem Unverständnis haben wir nun aus der Presseberichterstattung entnommen, dass OB Fritz Kuhn eine Berufung im Ehrenamt anstrebt. Aus unserer Sicht wäre das ein fatales Signal für den Gedanken der Inklusion als Querschnittsaufgabe in unserer Stadt. Auch stünden bei diesem Weg keine finanziellen Zuschüsse des Landes zur Verfügung.

Wir beantragen daher in der nächsten Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses einen Bericht der Verwaltung zum Sachverhalt auf die Tagesordnung zu nehmen und stellen ergänzend folgenden Antrag zur Abstimmung:

Die Verwaltung legt den gemeinderätlichen Gremien eine Vorlage zur hauptamtlichen Besetzung der Stelle der/des Behindertenbeauftragten vor und leitet in Absprache mit dem Inklusionsbeirat eine öffentliche Ausschreibung in die Wege.

Fraktionsantrag