Wir beantragen, diesen Antrag auf die Tagesordnung nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg auf die übernächste Sitzung des Gemeinderats zu setzen. Hilfsweise wird unser Antrag im Zusammenhang mit GRDrs 2/2020 aufgerufen und folgende Punkte abgestimmt:
- Die Stadt setzt sich dafür ein, dass am Flughafen und in unmittelbarer Umgebung – insbesondere in der Nähe der Start- und Landebahnen – dauerhafte Messungen von Ultrafeinstaub bis unter 10 Nanometer Größe durchgeführt werden.
- Am Flughafen, auf der Zuschauerterrasse und besonders in allen Bereichen des Flughafens werden künftig dauerhaft Ultrafeinstaubmessungen bis unter 10 Nanometer Größe durchgeführt.
- In allen Stuttgarter Stadtbezirken auf der Filderebene wird Ultrafeinstaub bis unter 10 Nanometer Größe künftig gemessen.
Begründung:
Dass Feinstaub zu den für den Menschen gefährlichsten Luftschadstoffen gehört, ist in der Wissenschaft längst unstrittig. Klimaleugner, Postfaktiker und Professoren mit eklatanten Rechenschwächen haben in der Vergangenheit zwar versucht, die Gesundheitsgefahren von
Luftschadstoffen herunterzuspielen, wissenschaftliche Studien zeigen jedoch eindeutige Ergebnisse. Feinstaub wird in drei Kategorien eingeteilt: Der „grobe“ Feinstaub, dessen aerodynamischer Durchmesser kleiner als 10 Mikrometer (das sind 10 Millionstel Meter) ist, wird als PM10 abgekürzt. Hier gelten Seit dem 1. Januar 2005 in der gesamten Europäischen Union verbindliche Grenzwerte, die in Stuttgart nach jahrelanger Überschreitung mittlerweile eingehalten werden.
Beträgt der aerodynamische Durchmesser weniger als 2,5 Mikrometer, so spricht man von PM2,5. Seit dem 1. Januar 2015 gelten in der Europäischen Union verbindliche Grenzwerte. Im Jahresmittel darf die Konzentration von PM2,5 nicht höher liegen als 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen wesentlich strengeren Grenzwert: Hier sollen lediglich 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt erlaubt sein, der Tagesmittelwert sollte nicht öfter als drei Mal im Jahr die Schwelle von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschreiten. Eine solche Empfehlung der WHO schwebt nicht im luftleeren Raum, sondern basiert auf
wissenschaftlichen Erkenntnissen. In der Publikation „Global Burden of Disease“ rangiert PM2,5 auf Platz 6 bei den Dingen, die den größten Beitrag zur Sterblichkeit von Menschen leisten.
Die dritte Kategorie ist Ultrafeinstaub, der nochmals mehrere Zehnerpotenzen kleiner ist als PM2,5 – hier spricht man von Ultrafreinstaub. Die Partikeln sind kleiner als 0,1 Millionstel Meter, das sind 100 Milliardstel Meter oder 100 Nanometer. Diese Partikel gelangen über die Lunge direkt ins Blut oder auch über die Haut in die Blutbahn. Damit sind hohe gesundheitliche Gefahren verbunden. Bislang gibt es keiner Filteranlagen, die diese kleinen Partikel aus der Luft entfernen können. Messungen an Flughäfen haben ergeben, dass die Konzentration von Ultrafeinstaub hier besonders hoch sind – am Flughafen Frankfurt /Main wird bereits seit dem Jahr 2017 gemessen. Das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie stellt in einer Pressemitteilung vom 19. Dezember 2019 fest, „(…) dass hauptsächlich der Flugverkehr auf dem Flughafengelände selbst aber auch Überflüge auf niedrigen Flughöhen zu einer erhöhten Konzentration dieser kleinsten Partikel in unserer Außenluft beitragen.“ Am Frankfurter Flughafen werden mittlerweile zwei Messstationen für Ultrafeinstaub betrieben, im Umfeld des Flughafens wird an fünf weiteren Standorten gemessen. Erste Ergebnisse zeigen, dass in bis zu zehn Kilometer Entfernung zum Flughafengelände deutlich erhöhte Ultrafeinstaub-Werte gemessen wurden.
Am Stuttgarter Flughafen hat die Schutzgemeinschaft Filder e.V Ultrafeinstaubmessungen durchgeführt. Beispielsweise stieg die Konzentration von Ultrafeinstaub in dem Moment, als ein Flugzeug im Landeanflug war von 6000 bzw. 15 000 Partikel pro Kubikzentimeter auf Werte zwischen 250 000 und 1 000 000 Partikel pro Kubikzentimeter.
Auf Grund der hohen Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung sehen wir die Stadt als Anteilseignerin am Stuttgarter Flughafen und Anliegerin am Flughafen in der Pflicht, dauerhaft Ultrafeinstaub-Messungen durchzuführen.