Gäubahn – das klingt nach Provinz. Man könnte meinen, dort rolle gelegentlich eine Regionalbahn durch malerische Landschaften. Der Blick auf die Geschichte der Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Zürich zeigt jedoch, dass diese einst die Schienen-Magistrale zwischen Berlin und Italien bildete. Seit 1879 ist sie in Betrieb – nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie teilweise auf ein Gleis zurückgebaut. Seither hat es keine Bundes- noch Landesregierung geschafft, die Strecke wieder durchgehend zweigleisig herzustellen und damit die Kapazitäten deutlich zu erhöhen. Nach dem Unglück in Rastatt war die Rheintalstrecke monatelang gesperrt – die parallellaufende Gäubahn konnte nur teilweise die Ausweichverkehre auffangen. Nun steht die Gäubahn, auf der täglich 8.000 Menschen verkehren, vor einem noch viel tieferen Einschnitt: sie soll ab Mitte 2025 vom Hauptbahnhof abgetrennt werden und mehrere Jahre in Stuttgart-Vaihingen enden. Wer also nach Zürich fahren will, der muss zuerst mit Gepäck zum künftigen Regionalbahnhalt im Südwesten der Stadt reisen. Dabei ist die durch das Planungschaos um den künftigen Flughafenbahnhof verschuldete Unterbrechung völlig unnötig. Auf eine Amputation der Gäubahn könnte durch die geringfügige Verschwenkung im Bahnhofszulauf komplett verzichtet werden. Doch die Losung des grünen Oberbürgermeisters – „Stuttgart 21 und das Rosensteinviertel schnell zu Ende bauen!“ – versperrt den Weg für eine vernünftige Lösung, mit der Konsequenz der Gäubahn-Unterbrechung. Während in Sonntagsreden die Verdopplung der Passagierbeförderung in Zügen beschworen wird, stößt man den Fahrgast vor den Kopf und opfert eine Notfalloption für den störanfälligen S-Bahn-Stammast. Es ist an der Zeit, dass die Stadt ein klares Bekenntnis zur durchgängigen Nutzung der Gäubahn abgibt und der Anschluss an den Bahnknoten erhalten bleibt!