Wir wollen im Stuttgarter Gemeinderat auf der ersten Sitzung nach der Sommerpause folgende Resolution einbringen und abstimmen lassen:
Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart erklärt seine Bereitschaft – zusätzlich zum üblichen Aufnahmeverfahren – speziell aus der Seenot gerettete Geflüchtete vom Mittelmeer aufzunehmen und setzt sich gegenüber der Bundesregierung dafür ein, dies zu ermöglichen.
Angesichts der humanitären Katastrophe im Mittelmeer sind auch wir als Stadt Stuttgart aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen und uns für die Aufnahme von geretteten Geflüchteten aus dem Mittelmeer einzusetzen. Inzwischen haben sich bereits mehrere europäische Städte darunter Barcelona und Neapel wie auch die Städte Köln, Bonn und Düsseldorf bereit erklärt, diese Menschen aufzunehmen. Die Oberbürgermeister_innen Henriette Rieker (Köln, parteilos), Thomas Geisel (Düsseldorf, SPD) und Ashok Sridharan (Bonn, CDU) appellierten mit einem Schreiben an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, „ein Signal für Humanität, für das Recht auf Asyl und für die Integration Geflüchteter“ zu setzen. Ebenso erklärte sich der Berliner Senat bereit, Bootsflüchtlinge aufzunehmen. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte von der Bundesregierung, „dass sie alles unternimmt, um diese humanitäre Krise vor unserer Tür zu beenden“. Weiter sagte er: „Und ich kann das auch für unsere Koalition hier in Berlin sagen, dass wir natürlich bereit sind, Menschen zu helfen, die Schutz und Sicherheit suchen.“
Dieser Bereitschaftserklärung und Vorgehensweise anderer deutscher und europäischer Städte wollen wir uns als Stuttgarter Gemeinderat anschließen. Als weltoffene Stadt der Integration und der Vielfalt und angesichts der Tatsache, dass es täglich Todesopfer im Mittelmeer gibt, sind wir in Stuttgart in der Pflicht ein Zeichen der Humanität zu senden.
In den letzten Monaten wurden immer mehr Schiffe daran gehindert, in Seenot geratene Geflüchtete vor dem sicheren Tod zu retten. Der Versuch, die Lebensretter_innen zu kriminalisieren ist ein unerträglicher Eingriff in das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Nachdem sogar schon in seriösen Medien offen darüber nachgedacht wurde, ob man die Seenotrettung sein lassen solle, erhob sich breiter Protest, denn es wäre ein Verstoß gegen alle Konventionen, die auf hoher See gelten. Zudem ist es schlicht strafbar im Sinne unterlassener Hilfeleistung.
Unter dem Vorwand einer möglichen Abschreckung und aus politischem Kalkül heraus werden Menschen in den sicheren Tod geschickt oder es wird zumindest billigend in Kauf genommen, dass sie zu Tode kommen. So sind alleine im Juni diesen Jahres 629 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken.
Seenotrettung ist weder eine Sache von „Pro und Contra“, noch verhandelbar. Es muss eine Pflicht und Selbstverständlichkeit aller sein. Es muss sichere Fluchtwege geben und eine Entkriminalisierung ziviler Seenotrettung. Die Festsetzung von Schiffen mehrerer Organisationen wie der „Sea Watch“, „Sea Eye“ und „Lifeline“ muss sofort beendet werden.
Der Gemeinderat fordert Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn auf, sich mit einem analogen Schreiben wie die Städte Köln, Bonn und Düsseldorf bei der Bundesregierung für obigen Ziele einzusetzen und damit ein Zeichen der Humanität zu setzen.