Wer sich fragt, wie der Ausverkauf der Stadt funktioniert – der schaue sich das Beispiel Nadlerstraße 4 – in unmittelbarer Nähe zum Rathaus an. Im sognannten Europahaus waren Büros für städtische Ämter, das Europazentrum, eine Buchhandlung – eine bunte Mischung aus Sinnvollem und Notwendigem untergebracht. In allerbester Stuttgarter Lage verkauft die Stadt dieses Gebäude samt Grundstück, während städtische Ämter unter teils akuter Raumnot leiden. Damit nicht genug – eine breite Mehrheit im Gemeinderat und der Oberbürgermeister billigen das Vorhaben – erheblicher Widerstand kam von der Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS.
Die Privatisierung unter diesen Umständen ist schon skandalös – dass aber Michael Bräutigam den Zuschlag bekommt, stinkt zum Himmel. Bestens vernetzt in der Spitze der Verwaltung ist der Immobilienmakler, da wundert es nicht, dass just zum Verkauf auch noch das Umfeld auf Kosten des Steuerzahlers aufgehübscht wird – und zusätzlich eine viertel Million Zuschuss für das Bräutigam’sche Vorhaben, ein Luxushotel dort zu errichten, von der Stadt an den Investor fließt. Schwer zu glauben, dass dies alles Zufall ist – es ist politisch gewollt. Und gegen diese Machenschaften, die nach Kumpanei riechen, regt sich im Gemeinderat kein nennenswerter Widerstand. Ohne SÖS LINKE PluS würde dieses Thema wahrscheinlich vollkommen untergehen in der öffentlichen Wahrnehmung.
Es wird Zeit, dass der Ausverkauf der Stadt ein Ende hat – die Stadt hat einen riesigen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, städtische Ämter klagen über teils dramatische Raumnot und was macht die Stadt? Verscherbelt das Tafelsilber mit Dollarzeichen in den Augen an Investoren, die kühl kalkuliert haben und ihre Profite einstreichen werden. Eilig haben es die Investoren: im Mai 2018 will man eröffnen. „Das ist wichtig, damit wir noch beim Messegeschäft dabei sind“, so die Investoren. Die Kundschaft des neuen Hotels dürfte klar sein: zwischen 130 und 140 Euro aufwärts pro Nacht kann man hier residieren. Es ist nicht Aufgabe der Stadt, Steuergeld für Luxushotels zu verbrennen, sondern bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.