Nach drei Jahren Prüfung geht der Bundesrechnungshof zumindest intern davon aus, dass Stuttgart 21 zehn Milliarden Euro kosten wird. Damit bestätigt sich das Gutachten von Vieregg und Rössler vom Dezember 2015, in welchem von 9,8 Milliarden Euro Baukosten für S21 ausgegangen wird. „Es ist unverantwortlich jetzt weiter zu bauen. Wir fordern einen sofortigen Bau- und Vergabestopp. Die Finanzierung des Projekts ist völlig ungeklärt“, fasst Hannes Rockenbauch, Fraktionsvorsitzender von SÖS-LINKE-PluS die neuen Entwicklungen zusammen. „Die Stuttgart 21-Gegner haben schon vor über einem halben Jahr mit dem Gutachten gezeigt, dass das Projekt mindestens zehn Milliarden kosten wird“, so Rockenbauch weiter. „Bisher hat die Bahn unsere Zahlen immer so lange bestritten, bis es nicht mehr anders ging. Diese Salami-Taktik muss sofort ein Ende haben“, fordert Rockenbauch. „Die Prognose des Bundesrechnungshof zeigt, wie hilflos und fern jeder Realität die Appelle des OB und von Verkehrsminister Hermann im Lenkungskreis sind, die Bahn solle Kosten- und Zeitrahmen einhalten“, ergänzt sein Kollege Thomas Adler, „tatsächlich hängt das Tunnelbahnhofprojekt am seidenen Faden.“
Die Bahn war im Jahr 2008 noch von 2,8 Milliarden Euro Gesamtkosten für Stuttgart 21 ausgegangen, bei der Volksabstimmung im Jahr 2011 wurde von Seiten der Bahn versprochen, dass das Projekt nicht über 4,5 Milliarden Euro kosten würde. Kurz nach der Volksabstimmung rechnete die Bahn schon mit 6,5 Milliarden Euro. Stand heute muss von zehn Milliarden Euro ausgegangen werden. „Eine derart groteske Kostensteigerung ist völlig inakzeptabel“, sagt Thomas Adler. „Anfang des Jahres wurden die Umstiegskosten von Vieregg und Rössler auf zwei Milliarden Euro kalkuliert. Damit kann ein leistungs- und zukunftsfähiger Kopfbahnhof gebaut werden“, beschreibt Adler Alternativen.
Die „Plan-B-Gruppe“ erarbeitet derzeit eine Umgestaltung der bereits begonnenen Baustellen – hier können ein Busbahnhof, Carsharing-Parkplätze oder Fahrradstellplätze entstehen.
„Die Mehrkosten wollen weder Stadt noch Land tragen – alle nehmen die Bahn in die Pflicht. Was dabei aber zu oft übersehen wird: jeder Euro, der in Stuttgart 21 fließt ist Steuergeld. Somit müssen wir alle für diese verantwortungslose Politik der Projektbetreiber zahlen“, fasst Thomas Adler die Kritik an Stuttgart 21 zusammen. „Neben der Finanzierung geht es aber auch um die Themen Leistungsrückbau, mangelhafter Brandschutz und die ungeklärte Hochwasserabsicherung“, bekräftigt Hannes Rockenbauch die Grundsatzkritik am Bahnprojekt.
„Die vom Oberbürgermeister vorgeschlagene Bestandsaufnahme in einer Ausschuss-Sondersitzung zu S21 verkommt zu einer weiteren Beschwichtigungsoper der Bahn AG, wenn es keine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Fakten gibt“, fordert Hannes Rockenbauch „Dazu gehört auch, dass die Bahn alle Zahlen und Fakten vorher auf den Tisch legt, damit diese von allen Experten geprüft werden können“, ergänzt Thomas Adler.