Weitergabe von Flüchtlingsdaten von Einwohnermeldeämtern an den „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“

ANTRAG

Text der Anfrage bzw. Antrages:

Wir beantragen: Die Stadt Stuttgart weist die Einwohnermeldeämter an, die Adressen von Flüchtlingen, die sich nach ihrer Ankunft in Stuttgart anmelden, frühestens nach einem Jahr an den Beitragsservice von ARD ZDF Deutschlandradio weiterzugeben.

Begründung:

In der Regel sind Flüchtlinge nach ihrer Ankunft ohnehin von der Rundfunkgebühr befreit, weil sie Sozialleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz oder Arbeitslosengeld II beziehen. Dennoch erhalten viele Flüchtlinge kurz nach ihrer Ankunft Zahlungsaufforderungen vom Beitragsservice ARD ZDF Deutschlandradio. Dieser Missstand bindet zum einen viel Zeit und Kraft von ehrenamtlichen HelferInnen wie auch den professionellen SozialarbeiterInnen. Nach Auskunft des Freundeskreises der Flüchtlinge Feuerbach müssen Ehrenamtliche häufig mehrmalige Schreiben und Widersprüche gegen die Bescheide aufsetzen und Telefonate führen, obwohl viele andere Probleme und Hilfestellungen bei der Flüchtlingsarbeit weitaus dringender wären. Ganz besonders betroffen sind Flüchtlinge, die nicht in Sammelunterkünften untergebracht sind, sondern in Wohnungen. In diesen Fällen ist die Betreuung durch die SozialarbeiterInnen schwieriger, da sie nicht vor Ort sind.

Nach Ankunft sind die Flüchtlinge zunächst mit dem Erlernen der deutschen Sprache sowie mit vielen Fragen und Vorgängen zum Asylverfahren beschäftigt.

Diese Institution (früher GEZ) verhält sich gegenüber Flüchtlingen beschämend bürokratisch. Grundlage für den Missstand ist, dass die Einwohnermeldeämter sofort nach Wohnungsanmeldung die Adressen der Flüchtlinge automatisch und ohne Zeitverzögerung an den „Beitragsservice von ARD ZDF Deutschlandradio“ weitergeben.

Das führt dazu, dass in einem sehr frühem Stadium ihrer Anwesenheit die Flüchtlinge von der o.g. Stelle mit Briefen überhäuft werden, die sie überhaupt nicht verstehen und einordnen können. Zunächst erhalten sie mehrmals Schreiben, in denen sie zur Anmeldung beim Beitragsservice aufgefordert werden. Die ersten Schreiben beginnen z.B. mit folgendem Text:

„ARD, ZDF bieten Ihnen täglich ein hochwertiges, unabhängiges und vielfältiges Programm rund um Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport“. Man stelle sich vor, Flüchtlinge sind endlich in Deutschland angekommen, verstehen die Sprache nicht, kennen teilweise auch nicht die lateinische Schrift und werden dann aufgefordert zu prüfen, ob sie sich für den Rundfunkbeitrag angemeldet haben. Es ist verständlich, wenn solche Schreiben zur Seite gelegt werden. Mindestens alle zwei Monate kommen weitere Schreiben, die schließlich immer drängender werden. Nach einiger Zeit folgt ein Überweisungsformular über die Dreimonatszahlung. Vor allem Familien, die in Wohnungen untergebracht sind, reagieren nicht. In Wohnheimen können Sozialarbeiter vor Ort veranlassen, dass Anträge auf Befreiung gestellt werden. Im Gegensatz zu den Jobcenterbescheiden wird vom Sozialamt nicht automatisch eine Erklärung zur Befreiung von den Rundfunkgebühren verschickt. Da derzeit alle Behörden, (Ausländer- und Sozialamt) personell stark belastet sind, kann es dauern, bis eine Erklärung ausgestellt wird. Offensichtlich gibt es beim Beitragsservice des Rundfunks auch keine Kenntnisse über Flüchtlingsbesonderheiten. In mehreren Fällen wurde bei syrischen Ehepaaren jeder einzelne mit diesen Briefen belästigt, obwohl sie als Familie gemeldet sind. Offensichtlich ist nicht bekannt ist, dass Frauen im arabischen Raum ihren Mädchennamen beibehalten. Bei einem Anruf im Telefonservice wurde Ehrenamtlichen gesagt, es wird nur zwei Monate rückwirkend ein Antrag auf Befreiung gewährt, das sei Gesetz und im Staatsvertrag niedergeschrieben. Welche Rechte haben demgegenüber Bürger und Bürgerinnen? In den Schreiben des Beitragsservice gibt es keine Rechtsmittelbelehrung. Niemand hat die Möglichkeit zu begründen, weshalb eine Bearbeitung einer Aufforderung nicht erfolgt ist. Dabei gibt es bei Flüchtlingsfamilien genügend Gründe, weshalb sie nicht oder erst verspätet auf die Schreiben antworten.

Zwei Beispiele: Einem irakischen Flüchtling wurde ein Gerichtsvollzieher geschickt, um die aufgelaufene Rundfunkgebühr einzutreiben. Aus Angst hat er bezahlt, verstanden hat er es nicht. In einem anderen Fall sollte eine Frau die Gebühr für zwei Monate nachbezahlen, obwohl ihr Ehemann, mit dem sie immer in der gleichen Wohnung lebte, zwischenzeitlich bis 2017 von der Rundfunkgebühr befreit ist.

Fraktionsantrag