Mietwucher jetzt beenden!

Wir beantragen nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg heißt es: „Auf Antrag einer Fraktion oder eines Sechstels der Gemeinderäte ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen“. Wir möchten von diesem Recht Gebrauch machen und bitten um fristgerechte Umsetzung. Alternativ bietet Die Fraktion „Die Linke und SÖS“ an – im Sinne der Beratungsreihenfolge, nach der Anträge zunächst im zuständigen Fachausschuss behandelt werden um anschließend in den Gemeinderat überwiesen zu werden – den Antrag im zuständigen Ausschuss aufzurufen, der am nächsten zur genannten Gemeinderatssitzung liegt. Sollte dies nicht möglich sein, möchten wir von unserem Recht Gebrauch machen und den Antrag in der übernächsten Sitzung im Gemeinderat aufzurufen.

1. Die Verwaltung der Stadt Stuttgart wird aufgefordert, Mietpreisüberhöhungen nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) konsequent zu verfolgen und zu ahnden. Dafür soll in Kooperation mit und in Anlehnung an das erfolgreiche Vorgehen der Stadt Frankfurt am Main ein Musterverfahren entwickelt werden.
2. Die lokalen Mietervereine, weitere Anlaufstellen für Mieter:innenberatung sowie alle betreffenden, insbesondere die mit der Angemessenheitsprüfung der Kosten der Unterkunft im Rahmen des Bürgergelds beauftragten Ämter sind daran zu beteiligen. Für die Entwicklung des Musterverfahrens sowie die erfolgreiche Anwendung werden ausreichende personelle und finanzielle Mittel, insbesondere im Hinblick auf mögliche Prozesskosten und -risiken, eingeplant bis zum nächsten Doppelhaushalt entscheidungsreif vorgelegt.
3. Um eine Absenkung der Miete und entsprechende Rückzahlungen in möglichst vielen Fällen zu ermöglichen, soll die Stadt Stuttgart Informationshinweise für mögliche Anzeigeverfahren nach § 5 WiStG auf ihrer Webseite und in ihren Aushängen veröffentlichen.
4. Eine breite Informations- und Werbekampagne soll über das neue Engagement zur Verfolgung von Mietwucher ebenso aufklären wie über Mietpreisüberhöhung. Die dafür notwendigen personal- und Finanzmittel beziffert die Verwaltungsspitze bis zu den nächsten Haushaltsberatungen.

Begründung
Für viele Menschen in Stuttgart bedeuten steigende Mietkosten eine enorme Belastung, die neben dem rasanten Anstieg der Lebenserhaltungskosten kaum oder nicht mehr zu stemmen ist. Angesichts des wachsenden Wohnungsmangels haben Mieter*innen häufig keine andere Wahl, als überteuerte Mieten zu zahlen. Viele Mieten liegen dabei weit über den erlaubten Grenzen des Mietspiegels. Das spaltet unsere Stadt und die Gesellschaft.
Es gibt jedoch bereits ein Instrument gegen überteuerte Mieten, den § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes, der Mietwucher als Ordnungswidrigkeit einstuft, wenn die verlangte Miete mehr als 20 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Aktuell gibt es eine Stadt in Deutschland, Frankfurt am Main, die diesen erfolgreich anwendet. Mit knapp 1.400 verfolgten Fällen und Rückzahlungen von insgesamt 419.000 Euro allein im Zeitraum von 2020 bis 2022 hat sich das Instrument dort bewährt.
Diesem Beispiel muss Stuttgart folgen und Personalstellen in der Verwaltung schaffen, die Mietpreisüberhöhung und Mietwucher konsequent verfolgen und ahnden. Nach einem eingeübten Verfahren können gütliche Einigungen erreicht, sowie Bußgelder eingetrieben und überhöhte Mieten an die Betroffenen – dies kann auch die öffentliche Hand sein – zurückgezahlt werden. Im besten Fall finanzieren sich die Personalstellen so indirekt selbst. Die Verfolgung durch die Stadt hat auch den Vorteil, dass Mieter*innen nicht persönlich auf zivilrechtlichem Wege in eine ungleiche Konfrontation mit ihrem*ihrer Vermieter*in gehen müssen, um an ihr Recht zu kommen. Stuttgart sollte daher die Möglichkeiten des § 5 WiStG mit vollem Engagement nutzen.
Davon unbenommen, müsste der § 5 WiStG reformiert werden. Die Anwendung sollte erleichtert und der Bußgeldrahmen erhöht werden. Eine entsprechende Initiative des Bundesrates, angestoßen durch die Länder Bayern, Brandenburg, Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen wurde jedoch von der Bundesregierung abgelehnt (Bundesratsdrucksache 849/21).