Förderung einer gendergerechten und inklusiven Stadtentwicklung

Wir beantragen:

  1. Die Integration von gendergerechten und inklusiven Prinzipien in die Stadtplanung und -gestaltung Stuttgarts. Zukünftig wird jede Vorlage der Verwaltungsspitze auf die Auswirkungen auf Inklusion und Gendergerechtigkeit überprüft.
  2. Die Verwaltung erstellt für diese Prüfung ein Konzept z.B. nach dem Vorbild der Stadt Wien.
    • Bei Veranstaltungen werden bei den Toiletten grundsätzlich alle Geschlechter, die Barrierefreiheit und eine den tatsächlichen Bedarfen angepasste Toilettenanzahl für Frauen* berücksichtigt.
    • Die Schaffung sicherer, zugänglicher und inklusiver öffentlicher Räume, Verkehrssysteme und Wohngebiete, die die Bedürfnisse und Erfahrungen aller Menschen berücksichtigen.
    • Bei dem frauengerechten Wohnungsbau muss die Erleichterung von Haus- und Familienarbeit und die Förderung nachbarschaftlicher Kontakte berücksichtigt werden.
    • Die Schaffung sicherer Umgebungen, die geschlechtsbezogene Gewalt und Belästigungen nicht begünstigen. Dies umfasst beispielsweise verbesserte Beleuchtung, Sicherheitsmaßnahmen und die Förderung von Gemeinschaftsaktivitäten.
    • Die Verkehrsplanung wird zukünftig geschlechtersensibel gemacht.
    • Die Schaffung öffentlicher Räume und Einrichtungen, die die Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen berücksichtigen, beispielsweise mehr Bänke oder Ruhezonen in Parks für ältere Menschen und öffentliche Bereichen sowie Orte mit Still- und Wickelmöglichkeiten für Säuglinge, um Eltern die Pflege ihrer Kinder zu erleichtern.

Die Verwaltung erstellt eine quartiersbezogene Planung für Care-Arbeit, um den Gender Care Gap in Stuttgart zu reduzieren.

  1. Die grundsätzliche Einbeziehung insb. nichtmännlicher Menschen in die Entscheidungsfindung bezüglich städtischer Entwicklungsprojekte zur Gewährleistung, dass verschiedene Perspektiven berücksichtigt werden und die Bedürfnisse aller Bürger:innen gehört werden.

 

Begründung:

In den Verkehrs- und Stadtplanungsgremien in Deutschland saßen jahrzehntelang vorwiegend Männer. Die Folge sind autozentrierte Großstädte, in denen man(n) zwar mit dem Dienstwagen schnell zur Arbeit kommt, die aber nur bedingt für Fußgänger:innen, Radfahrer:innen oder für Personen mit Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl geeignet sind. Frauen* wenden täglich mehr als doppelt so viel Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Dieser Gender Care Gap ist eine der Ursachen für die systematische finanzielle Schlechterstellung von Frauen und ihr hohes Altersarmutsrisiko.

Und Sorgearbeit geht mit einer kleinteiligen organisierten Mobilität einher: aufstehen, die Kinder in die Kita oder zur Schule bringen, arbeiten, Arztbesuche koordinieren, einkaufen, Kinder abholen. Ein Tagesablauf, der sich zu Fuß oder mit dem Fahrrad gut erledigen lässt. Dafür braucht es aber die passende Infrastruktur. Da kann es nicht sein, dass immer noch Autos auf den Gehwegen parken dürfen und damit den notwendigen Platz für Rollstühle, Kinderwägen und Rollatoren begrenzen! Fahrradwege müssen breit und sicher sein, so dass Eltern mit ihren Kindern darauf fahren können.

Wir brauchen eine 90-Zentimeter-Stadt: Wie ist es, wenn man 90 Zentimeter groß ist und sich durch die Stadt bewegt? Dann schaut man auf Blech, man atmet die Abgase ein. Als Kleinkind auf dem Laufrad hat man immer einen Erwachsenen hinter sich, der brüllt. Kinder können nichts mehr wagen. Wir brauchen eine Stadtentwicklung, die alle Formen von Marginalisierung beseitigt.

Eine gendergerechte Stadtentwicklung ist von essentieller Bedeutung, da sie darauf abzielt, Städte und Gemeinden so zu gestalten, dass sie die Bedürfnisse und Erfahrungen aller Geschlechter gleichermaßen berücksichtigen. In der Vergangenheit wurden die Perspektiven von Frauen und anderen Geschlechtern stark vernachlässigt. Diese einseitige Herangehensweise führte zu Ungleichheit im öffentlichen Raum, beeinträchtigt das Sicherheitsgefühl bestimmter Bevölkerungsgruppen und schränkt die Teilhabe am städtischen Leben ein. Eine gendergerechte Stadtentwicklung strebt danach, diese Ungleichheiten zu beseitigen und eine inklusive, gerechte und lebenswerte Umgebung für alle Bewohner:innen zu schaffen. Dies bedeutet konkret, dass der öffentliche Raum so gestaltet wird, dass er für alle Geschlechter gleichermaßen zugänglich und nutzbar ist. Durch kleinere Eingriffe lassen sich schon große Wirkungen erzielen: Schlaglöcher auf Gehwegen, in denen sich die Räder von Kinderwägen, Rollstühlen oder Rollatoren leicht verfangen, sollten besonders schnell repariert werden. Fußgängerampeln müssen so lange auf Grün sein, dass auch Menschen mit Bewegungseinschränkungen innerhalb dieser Zeit eine Möglichkeit haben die Straße zu überqueren.

An schlecht einsehbaren Ecken können Spiegel angebracht werden, auf dunklen Wegen Laternen, deren Lichtpegel ein Gesicht auch auf mehrere Meter Entfernung beleuchtet. Es geht um die Schaffung sicherer und gut beleuchteter öffentlicher Räume, die geschlechtsbezogene Gewalt und Belästigungen nicht begünstigen. Es geht darum, dass Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Pflegeeinrichtungen, Gesundheitsdienste und Bildungseinrichtungen flexibel und zugänglich für alle sind, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer geschlechtlichen Identität oder auch ihrer finanziellen Voraussetzungen. Dies schließt ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen, Alleinerziehende und andere marginalisierte Gruppen mit ein. Durch die Schaffung inklusiver öffentlicher Räume und Einrichtungen werden Barrieren abgebaut und die Teilhabe aller Bewohnerinnen am städtischen Leben gefördert. Durch eine ausreichende Anzahl Frauen*-Toiletten wird allen Menschen Teilhabe ermöglicht.

Damit zukünftig grundsätzlich in der Planung alle Perspektiven berücksichtigt werden müssen, fordern wir eine Überprüfung aller Vorlagen der Verwaltung auf Inklusion und Gendergerechtigkeit. Dafür soll die Verwaltung ein Konzept erstellen, dass auch auf den Erfahrungen aus Wien beruht.