Erfrierungsschutz und Notunterkünfte sicherstellen: Soziale Kälte kann den Tod bringen

Wir beantragen, die Fachverwaltung möge im Sozial- und Gesundheitsausschuss (SGA) zu folgenden Fragestellungen berichten:

  1. Wie ist der aktuelle Stand der Kapazitäten zur Notunterbringung wohnungsloser Menschen mit Blick auf:
  2. a) wie hoch sind die Bedarfe für unterschiedliche Zielgruppen zu Notunterbringung von wohnungslosen Menschen
  3. b) wie viele Plätze hält die Stadt Stuttgart derzeit für die unterschiedlichen Zielgruppen zur Notunterbringung von wohnungslosen Menschen vor?
  4. c) welche kurz- mittel- und langfristigen Pläne hat die Verwaltungsspitze zur Unterbringung der unterschiedlichen Zielgruppen in den kommenden Monaten / Jahren?
  5. d) Benötigt die Sozialverwaltung zusätzliche Stellen zur Realisierung weiterer Plätze zur Notunterbringung? Wenn ja wie viele und wie können diese Außerhalb des Stellenplans realisiert werden?

 

  1. Gibt es ein Notkonzept, falls ein Gebäude zur Notunterbringung ausfällt? Wie werden in diesem Fall die Bedarfe menschengerecht bedient?

Darüber hinaus beantragen wir, der SGA möge beschließen:

  1. Der Erfrierungsschutz in Stuttgart gilt grundsätzlich in der Zeit ab dem 01.10. eines Jahres bis zum 31.03. des darauffolgenden Jahres sowie selbstverständlich ab null Grad Tiefsttemperatur Celsius.
  2. Die Kompetenzerweiterung der Sozialverwaltung, selbstständig in Verhandlungen mit Gebäudeeigentümer:innen treten und geeignete Liegenschaften anmieten und betreiben zu können.
  3. Die Stadt prüft die Anmietung von Büroimmobilien zur Unterbringung wohnungsloser Menschen.

Begründung:

Die kalte Jahreszeit bringt jedes Jahr Gefahren für Leib und Leben wohnungsloser Menschen mit sich, die nicht unterschätzt werden darf. In vergangenen Wintern waren gerade in besonders kalten Nächten leider immer wieder Erfrierungsopfer bis hin zum Kältetod zu beklagen. Nach der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe sind seit den 90er Jahren bereits mehrere hundert Menschen gestorben.

Es mehren sich zudem Berichte von eklatanten Kapazitätsengpässen in der Notunterbrinung wohnungsloser Menschen sowie der Winternotübernachtung. In Stuttgart gilt die Regelung, dass der Erfrierungsschutz erst ab einer Temperatur von Null Grad Celsius gilt. In vielen anderen Kommunen wird das Inkrafttreten des Erfrierungsschutzes nach den Monatsangaben geregelt, da auch bei knapp über Null Grad Celsius in der Nacht eine bedeutende Gefahr für Leib und Leben besteht. Die Zahl wohnungsloser Menschen steigt. Es ist eine Pflichtaufgabe der Kommune, das Leben der Menschen zu schützen. Deshalb muss es für eine derart reiche und große Kommune wie Stuttgart selbstverständlich sein, die Notunterbingung wohnungsloser Menschen sicherzustellen. Nach Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) hat jeder das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit. Hierbei handelt es sich um ein Menschenrecht, das jedem unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit zusteht. In den Fällen, in denen das Leben durch die Vorenthaltung lebensnotwendiger Mittel unmittelbar bedroht ist, ist der Staat verpflichtet, das Leben zu schützen. Auch aus dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. GG folgt eine unmittelbare Leistungspflicht des Staates. Schließlich normiert Art. 1 Abs. 1 GG das unbedingte und oberste Prinzip der verfassungsmäßigen Ordnung, nämlich die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt, diese zu achten und zu schützen. Aus diesen Grundrechten folgt auch der Anspruch eines Menschen gegenüber dem Staat, vor dem Erfrieren bewahrt zu werden, wenn die Öffentlichkeit Kenntnis von der lebensbedrohenden Situation erlangt.