Mietskandal in der Holderäckerstraße 35 aufklären: Wann wusste die Stadt Bescheid, dass die Kündigungen rechtswidrig sind?

Wir beantragen, die Stadtverwaltung beantwortet folgende Fragen in der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses (jedoch vor dem 30. September 2022):

  1. Seit wann war die Stadtverwaltung informiert, dass für den Beherbergungsbetrieb in der Holderäckerstraße 35 unbefristete Mietverträge für die Mieter:innen ausgestellt wurden?
  2. Wann hat die Stadtverwaltung die Immobilie in der Holderäckerstraße 35 besichtigt?
  3. Zu welchem Ergebnis sind die Vertreter:innen der Stadtverwaltung bei der Besichtigung der Immobilie in der Holderäckerstraße 35 gekommen?
  4. Was gedenkt die Stadt zu unternehmen, um den betroffenen Mieter:innen der offenkundig rechtswidrigen Kündigungen zum 30. September 2022 zu helfen?
  5. Warum hat die Stadtverwaltung eine Anmietung zumindest in Erwägung gezogen, obwohl es offenkundig nur in Verbindung mit rechtswidrigen Kündigungen möglich wäre, das Gebäude anzumieten?
  6. Welche Anstrengungen hat die Stadtverwaltung in den letzten sechs Monaten unternommen, leerstehende Wohnungen für Geflüchtete zu akquirieren?

Begründung

In der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung vom 3. September 2022 („100 Kündigungen schaffen Platz für Flüchtlinge“) ist zu entnehmen, dass die Stadtverwaltung auf der Suche nach Immobilien zur Unterbringung von Geflüchteten mit einem offenbar ausgesprochen dreisten, bzw. eventuell widerrechtlich handelnden Immobilienbesitzer verhandelte. Dieser hatte mit Blick auf die Chance einer institutionellen Vermietung den Mieter:innen seiner Immobilie mit insgesamt 269-Einzimmer-Wohnungen binnen einer Vier-Wochen-Frist (!) gekündigt. Er wolle renovieren, so der fadenscheinige Vorwand für die Kündigungen. Es handelt sich um überwiegend möblierte Wohnungen, die von Studierenden, ausländischen Mitbürger:innen und Menschen mit geringem Einkommen oder Sozialleistungsbezug bewohnt werden.

Dieser Vorgang muss aus unterschiedlichen Gründen dringend aufgeklärt werden. Zum einen sind die Kündigungen formell (zu kurze Frist) und materiell (Grund der Kündigung) offenbar rechtswidrig. Zudem stellt sich die Frage, warum die Stadtverwaltung überhaupt in Verhandlungen über eine Anmietung eintritt mit dem Wissen, dass das Gebäude für ihre Zwecke entmietet werden muss. Dass dies sozialen Sprengstoff beinhaltet, müsste den handelnden Personen in der Stadtverwaltung klar gewesen sein. Dass hier Geflüchtete gegen Mieter:innen mit geringem Einkommen gegeneinander ausgespielt werden, ist ein riesiger Skandal, der dringend aufgeklärt werden muss. Dieser Vorgang muss auch ein Weckruf für die Verwaltungsspitze sein, ihre Untätigkeit in Sachen Wohnungs- und Mietenpolitik zu beenden.