Kostenexplosion beim Milliardenprojekt Stuttgart 21

Wir fragen und bitten nach § 27 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart um schriftliche Antwort innerhalb der nächsten sechs Wochen (bis spätestens zum 15. Juli 2022):

  1. a) Welchen Anteil an der Kostenexplosion hatten die Markteffekte?
    b) Was genau versteht die Bahn AG unter „Markteffekten“?
  2. a) Welchen Anteil an der aktuellen Kostenexplosion hat die „Einzigartigkeit im Ausbau der Bahnhöfe“?
    b) Was genau versteht die Bahn AG unter der „Einzigartigkeit im Ausbau der Bahnhöfe“?
    c) Welche Bahnhöfe meint die Bahn AG, die ausgebaut werden sollen?
    d) Seit wann ist der Bahn AG bekannt, dass die „Einzigartigkeit der Bahnhöfe“ zu Kostenexplosionen führt?
  3. a) Welchen Anteil an der Kostenexplosion hatte die Geologie?
    b) Seit wann ist der Bahn AG bekannt, dass die Geologie zu Kostenexplosionen führt?
  4. a) Welchen Anteil an der Kostenexplosion hat die „Stabilisierung des Bauablaufs“ beim Projekt Stuttgart 21?
    b) War der Bauablauf in den letzten Jahren instabil?
    c) Wenn ja, warum und seit wann kam es zur ‚Instabilität‘?
    d) Was genau wurde unternommen, um den Bauablauf zu stabilisieren?
    e) Wir bitten um eine detaillierte Auflistung der Maßnahmen, die bei der Bahn AG unter „Stabilisierung des Bauablaufs“ verstanden werden.
  5. a) Warum und welchen Anteil an der Kostenexplosion hatte die „Nachtragsprognose“?
    b) Was genau beinhaltet die „Nachtragsprognose“ aus Sicht der Bahn AG?
  6. a) Welchen Anteil an der Kostenexplosion hatte „Sonstiges“?
    b) Was genau beinhaltet „Sonstiges“ aus Sicht der Bahn AG?
  7. Welches sind die unwesentlichen Hauptkostentreiber bei der Kostenexplosion, nachdem dem Lenkungskreis die „wesentlichen Hauptkostentreiber“ vorgelegt wurden?
  8. Wer genau hatte die „Möglichkeit zur Einsichtnahme im Datenraum DB PSU“, wie es in der Präsentation des Lenkungskreises am 2. Mai 2022 hieß?
  9. Warum gibt es gegenüber der Bahn AG keine Handhabe, dass sie Kostenexplosionen in dreistelliger Millionenhöhe dem Hauptorgan eines der Projektpartner vorstellen und begründen muss?
  10. Welche Auswirkungen wird der Ukraine-Krieg auf die Kosten des Projekts Stuttgart 21 haben?
  11. Welche Auswirkungen wird der Ukraine-Krieg auf den Zeitplan des Projekts Stuttgart 21 haben?

Begründung:

Am 3. Februar hatten wir einen Antrag gestellt („Bericht im nächsten S21 Ausschuss zur neuerlichen Kostenexplosion beim Milliardenprojekt Stuttgart 21 (S21); Nr. 23/2022). Nach 102 Tagen wurde uns über das Büro des Oberbürgermeisters mitgeteilt, dass die Bahn nicht beabsichtige, über die neuerliche Kostenexplosion im Ausschuss Stuttgart 21 / Rosenstein zu berichten. Diese herablassende Arroganz gegenüber dem Hauptorgan eines der Projektpartnerinnen ist vollkommen inakzeptabel. Ebenso ist die gleichgültig-resignierte Hinnahme von Kostenexplosionen durch die Projektpartnerinnen aufs Schärfste zu verurteilen. Die Verweigerung von Transparenz, fehlenden Erklärungen zu den neuerlichen finanziellen Entgleisungen des unwirtschaftlichen Milliardenprojekts sind nicht hinnehmbar und bedürfen einer dringenden Aufarbeitung, die mindestens in schriftlicher Form und unverzüglich geschehen müssen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was mit Steuergeldern geschieht. Die Bahn AG lässt jegliche Transparenz beim Projekt Stuttgart 21 seit Jahrzehnten vermissen und inzwischen muss sogar stark bezweifelt werden, dass sie selbst überhaupt noch in der Lage ist, Kostenfaktoren und Kostentreiber zu identifizieren.

Die neuerliche finanzielle Entgleisung des Projekts Stuttgart 21 begann am 27. Januar 2022, als erste Presseberichte (SWR, Ludwigsburger Kreiszeitung, Heilbronner Stimme, Schwäbisches Tagblatt und auch Stuttgarter Zeitung / Stuttgarter Nachrichten) auftauchten, in denen berichtet wurde, dass eine erneute Kostenexplosion beim Milliardenprojekt Stuttgart 21 bevorstehen würde. Die Rede ist von einer weiteren Milliarde Euro, die das bislang 8,2 Milliarden Euro schwere Projekt nochmals verteuern würde. Als Projektpartnerin ist die Stadt Stuttgart von der Kostenexplosion insofern betroffen, als sie aktuell von der Bahn AG vor Gericht verklagt wird auf Mehrkostenbeteiligung. Als Projektpartnerin hat die Stadt Stuttgart aus unserer Sicht ein Recht darauf und auch die Pflicht dazu, von der Bahn AG über den Stand der Dinge bei dem Milliardenprojekt informiert zu werden bzw. sich informieren zu lassen. Das betrifft auch und vordringlich die Kostenexplosionen, die in den letzten Jahren zur Regel und nicht zur Ausnahme wurden.

Mit den aufgeworfenen Fragen soll zumindest in groben Zügen von Seiten der Bahn AG erklärt werden, wie sich die neuerliche Kostenexplosion zusammensetzt.