Foto: Roland Hägele

Nachruf auf Gangolf Stocker – von Hannes Rockenbauch

Hannes Rockenbauch

Immer Blumen auf dem Tresen

Immer wenn Blumen auf dem Tresen der Fraktionsgeschäftsstelle standen, wusste ich, Gangolf ist auch schon da. Selbst bei solchen kleinen Gesten hatte er seine Prinzipien. So mussten es stets Wiesenblumen sein, die gab es dienstags und donnerstags frisch vom Markt. Die Rolle des politischen Ziehvaters nahm er für mich bereits ein, als ich als Jungstadtrat 2004 keine bessere Entscheidung treffen konnte, als ihn gleich mit ins Rathaus zu holen. Ohne Gangolf hätte ich mich sicherlich in den Niederungen der Kommunalpolitik verirrt. So wenig es Gangolf auf Äußerlichkeiten ankam, umso mehr war er überzeugt, dass es in der Politik grundsätzlicher Veränderung bedarf. Faule Kompromisse und Angepasstheit des Erfolgswillens, das hat Gangolf verabscheut. Und auch wenn das Leben im Kapitalismus einen permanenten Widerstand für ihn bedeutete, wusste er sein Leben zu genießen. Dass ich Politik am liebsten bei gutem Essen mache, habe ich von Ihm. Gangolf war für mich viel mehr als ein politischer Weggefährte. Einmal hat er mir in seinem Atelier gezeigt, wie man Wolken malt. Es waren natürlich Gewitterwolken, alles andere wäre auch langweilig gewesen. Der Pappkarton mit den Wolken hängt heute noch in meinem Wohnzimmer.

 

Dieser Text erschien in der Kontextwochenzeitung am 31. März 2021 und ist unter folgendem Link abrufbar:

https://www.kontextwochenzeitung.de/gesellschaft/522/ein-kaempfer-mit-kuenstlerseele-7397.html