Walkable City – Berichterstattung zur Fußverkehrsagenda

Wir beantragen:

Die Verwaltung berichtet im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik über den Umsetzungsstand des Fußverkehrskonzepts durch die Abteilung Allgemeine Verkehrsplanung.

In diesem Zusammenhang bitten wir um Stellungnahme zu folgenden Fragen:

  1. a) Wurden alle mit der Aufgabe des Fußverkehrs betrauten Planstellen in den Ämtern besetzt?
  2. b) Wie erfolgt die ämterübergreifende Zusammenarbeit und welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, die Umsetzung von Maßnahmen zu beschleunigen?
  3. c) Unter Berücksichtigung der bis heute bereitgestellten Personalressourcen und Investitionsmittel: Bis wann können die 14 Hauptfußwegeverbindungen und 16 Flanierrouten in der beabsichtigten Qualität fertiggestellt werden?
  4. d) Wie werden die 30 Routen bei Vorhaben der Stadterneuerung/Stadtsanierung und der Stadtplanung berücksichtigt? Werden Routen im Zuge neuer Bebauungspläne explizit und anlassbezogen planerisch gesichert?
  5. e) Wie ist der Stand der Planung zur 1. Fortschreibung des Fußverkehrskonzepts und welche Ressourcenerfordernisse ergeben sich hieraus für den Doppelhaushalt 2022/2023ff?
  6. f) Wie wird verwaltungsintern künftig das so genannte „Stuttgarter Rechteck“ in die Fußverkehrsagenda eingebettet, um der zweckfremden Möblierung der Fußwege wirksam zu begegnen?
  7. g) Wie handhabt die Verwaltung künftig das Gehwegparken, das straßenbegleitende Kfz-Parken, das Abstellen von Motorrädern, Rollern, E-Scootern, Fahrrädern und Lastenrädern, wenn dies mit den im VEK 2030 und dem Fußverkehrskonzept definierten Standards für Fußverkehrsanlagen im Konflikt steht?
  8. h) Wie beurteilt die Verwaltung ein Indikatoren-gestütztes Design, wie es London mit dem Programm „Healthy Streets“ entwickelt hat?
  9. i) Welche Chancen sieht die Verwaltung in Maßnahmen, die unter dem Sammelbegriff „tactical urbanism“ gefasst werden, um die Fußverkehrsfreundlichkeit Stuttgarts zu erhöhen?
  10. j) Welche Ressourcen benötigt die Fachverwaltung zur Betreuung des Projekts „Barcelona Superblock“ im nächsten Doppelhaushalt und Stellenplan?

 

Begründung:

Fußverkehr ist die natürlichste und ursprünglichste Form der Fortbewegung. Diese Form der selbstaktiven Mobilität ist nicht nur sanft, gesundheitsförderlich, klima- und umweltschonend, sie ist auch Ausdruck von Familienfreundlichkeit und Urbanität, fördert das Wohlbefinden und stärkt nachweislich den lokalen Handel und die Gastronomie. Trotz eines Anteils von 29 Prozent am Modal Split Stuttgarts (MiD 2017) fristet der Fußverkehr ein Nischendasein bei der Verkehrsplanung und bei den Infrastrukturinvestitionen. Stuttgart hat 2011 mit Unterzeichnung der „Charta für das Gehen“ seine Absicht bekundet, die „Walkability“ – die Attraktivität Stuttgarts aus Sicht der zu Fuß Gehenden – zu stärken.

Im Rahmen von Fußverkehrskongressen ist die Politik bemüht, Planer*innen und Entscheider*innen für die Bedeutung des Fußverkehrs zu sensibilisieren. Denn der Zustand der Fußverkehrsanlagen und das Fußverkehrsklima werden regelmäßig schlecht benotet, u.a. in den Fußverkehrschecks, aber auch von Expert*innen im Rahmen von Ortsbegehungen, wie beispielsweise im Zuge des Wettbewerbs „Neuer Stadtraum B14“.

Dabei sind „healthy streets“ wie sie London systematisch entwickelt, der Schlüssel für ein lebenswertes Wohnumfeld und Rückgrat einer neuen Mobilitätskultur. Längst ist klar, dass ein funktionales Verständnis von Fußverkehrsanlagen zu kurz greift. Ein menschenfreundliches Design ist gefragt, das definitionsoffene Räume schafft, die insbesondere Kinder zur Aneignung einladen und die Funktion eines Begegnungsraums in den Quartieren erfüllen.

In Planwerken wie dem Verkehrsentwicklungskonzept 2030 hat Stuttgart Qualitätsmerkmale für Fußverkehrsinfrastruktur definiert. Mit dem Fußverkehrskonzept ist ein Netz an 14 Hauptfußwegeverbindungen und 16 Flanierrouten in der Innenstadt vorgesehen, und das Ziel ausgegeben worden, den Stellenwert des Fußgänger*innenverkehrs enorm zu steigern. Zudem wurden Planstellen in verschiedenen Ämtern (ASW, AföO, Tiefbauamt) geschaffen und ein Investitionsprogramm i.h.v. 3,4 Mio Euro im Finanzhaushalt hinterlegt, um das Konzept in die Umsetzung zu bringen. Trotzdem fehlt eine spürbare Dynamik in der Fußverkehrsagenda, was jüngst in einem Appell von Fuß e.V. an die Stadtverwaltung und den Gemeinderat bemängelt wurde.

Wir wünschen daher eine umfassende Berichterstattung, um im Herbst haushaltswirksame und stellenplanrelevante Entscheidungen treffen zu können.