Wir fragen und erwarten nach § 27 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart schriftliche Antworten spätestens sechs Wochen nach Einreichung dieser Anfrage:
- Was ist der Grund, warum die LBBW jetzt verstärkt in die Waffenindustrie investieren will?
- Welche Renditeerwartungen hat die LBBW bei den Geschäften mit der Waffenindustrie?
- Wie steht die LBBW zu den Anlagerichtlinien der Stadt Stuttgart, die in den Jahren 2015 und 2016 verabschiedet wurden?
- Sieht die LBBW es für vereinbar, die jüngst bekannt gewordene Kreditoffensive in die Rüstungs- und Waffenindustrie mit den Anlagerichtlinien der Stadt Stuttgart?
- Wie passt es zusammen, dass die LBBW in ihrem Nachhaltigkeitsbericht von 2022 beispielsweise Fonds (LBBW Balance) bewirbt, die „kontroverse Waffen“ ausschließt und gleichzeitig ankündigt, im großen Stil Kredite bei der Waffenindustrie gewähren zu wollen?
- In Ihrem Nachhaltigkeitsbericht von 2022 behauptet die LBBW: „Die Lieferung von Kriegswaffen in das Ausland wird von der LBBW nicht finanziert“. Wie stellt die LBBW sicher, dass Unternehmen, die mit LBBW-Krediten finanziert werden, keine Kriegswaffen in das Ausland liefern?
- Wie ernst nimmt die LBBW ihre eigene Nachhaltigkeitsstrategie in Bezug auf Finanzierung der Waffenindustrie?
- Sieht die LBBW Widersprüche zwischen den eigenen Nachhaltigkeitszielen und der aktuell geplanten Kreditoffensive bei der Rüstungs- und Waffenindustrie?
Begründung:
An Profit mangelt es der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) offenkundig nicht: Anfang März rühmte sich die Bank ihres zweitbesten Ergebnisses der Unternehmensgeschichte: „1,232 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern“. Nach Steuern blieben 864 Millionen Euro übrig.
Eine Woche nach dieser Meldung war in der Stuttgarter Zeitung zu lesen, dass die LBBW Rüstungshersteller mit Krediten im Umfang von knapp einer Milliarde Euro unterstützt. „Ein neuer Fonds mit Schwerpunkt Verteidigung entwickelt sich zu einem Renner.“
Das wirft in doppelter Hinsicht Fragen auf: Einmal ist die Stadt Stuttgart mit knapp 19 Prozent an der LBBW beteiligt. In den Jahren 2015 und 2016 hat die Stadt sogenannten Anlagerichtlinien für sich und ihre Tochtergesellschaften (zu denen die LBBW als Minderheitsbeteiligung gehört) beschlossen, die Investitionen in Militär explizit ausschließt. Da will eine Kreditoffensive in die Waffenindustrie nicht ins Konzept passen.
Mit ihrem Nachhaltigkeitsbericht rühmt sich die LBBW, beispielsweise die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu unterstützen und einzuhalten. Die unter dem Namen Sustainable Development Goals (SDG) bekannten Nachhaltigkeitsziele umfassen auch folgendes: „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen. Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zum Recht ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.“ In dieses Konzept passen weder Fonds die einen Bezug zur Waffenindustrie haben, noch direkte Kredite an die Waffenindustrie. Wie ernst nimmt die LBBW ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele eigentlich noch?
An anderer Stelle wird die Bank noch deutlicher, wenn sie schreibt: „Die Lieferung von Kriegswaffen in das Ausland wird von der LBBW nicht finanziert“ (LBBW Nachhaltigkeitsbericht 2022, Seite 22). Wie die Bank in diesem Zusammenhang sicherstellen will, dass von ihr finanzierte Kriegswaffen und sonstige Rüstungsprodukte nicht ins Ausland oder in Krisen- und Kriegsgebiete geliefert werden, ist schleierhaft.