Wir beantragen:
- Die Verwaltung wird beauftragt, den Entwurf einer Satzung über die Erhebung einer Verpackungssteuer (Verpackungssteuersatzung) zu erarbeiten und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
- Die Verwaltung orientiert sich bei der Erarbeitung der Verpackungssteuer am Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. November 2024 (Aktenzeichen .
- Steuergegenstand sind insbesondere nicht wiederverwendbare Verpackungen (Einwegverpackungen), nicht wieder verwendbares Einweggeschirr und nicht wiederverwendbares Einwegbesteck.
- Die zu erwartenden Erträge der Verpackungssteuer werden im Nachtragshaushalt für das Jahr 2025 übernommen.
- Die dafür notwendigen Stellen von 6 bis 7 im Mittleren Dienst und 1 Stelle im gehobenen Dienst werden in den Stellenplan übernommen.
Begründung:
Die Diskussion um eine Verpackungssteuer hat in Stuttgart bereits einen langen Bart, der bis in das Jahr 1997 zurückreicht. Die damalige Verwaltungsspitze konstatierte schon damals: „Hauptverursacher von Verpackungsabfällen waren in der Vergangenheit die verschiedenen Filialen von Mc Donald’s.“ (GRDrs 88/1998). Weder Gemeinderat noch Verwaltungsspitze konnten sich damals durchringen, eine Verpackungssteuer zu erheben um einen Anreiz zu schaffen, die Müllmenge zu reduzieren. Die Universitätsstadt Tübingen wagte zum 1. Januar 2022 einen Vorstoß und führte eine Verpackungssteuer ein. Wenig überraschend klagte der Verpackungsmüllverursacher Mc Donald’s gegen die Tübinger Verordnung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Dieser erklärte die Verpackungssteuersatzung mit Urteil vom 29. März 2022 für ungültig. In der nächsten Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht drehte sich der Wind: die Bundesrichter stellten in Ihrem Urteil vom 24. Mai 2023 dir Rechtmäßigkeit der Verpackungssteuer fest. Die Klägerin zog vor das Bundesverfassungsgericht und scheiterte nach Beschluss vom 27. November 2024, der am 22. Januar 2025 veröffentlicht wurde, auch da auf ganzer Linie. Damit ist eine kommunale Verpackungssteuer rechtssicher umsetzbar – was in Stuttgart jetzt auch geschehen sollte.
Eine interfraktionelle Initiative vom 12. Juli 2023, die wir unterstütz haben, beschreibt die Situation wie folgt: „Die Stadt Stuttgart und damit die Bürger:innen müssen erhebliche Kosten für das Einsammeln und Entsorgen von Abfällen aufbringen. Immer wieder gibt es massive Beschwerden über zu viel Müll in unserer Stadt. An vielen Plätzen dieser Stadt besteht dieser Müll aus Verpackungen, die nur kurze Zeit für Getränke und Essen to go benutzt werden – und kaum in der Hand, schon wieder weggeworfen werden. Übel für die Umwelt, völlige Ressourcenverschwendung und viel Aufwand für die Beseitigung. Das wollen wir aus Umweltschutzgründen, aber auch aus Gründen der Sauberkeit und des Stadtbilds in der Stadt reduzieren. Eine Verpackungssteuer kann und soll hier lenkend und reduzierend wirken und andererseits Einnahmen für die Müllentsorgung generieren.“
Die Antwort der Verwaltungsspitze auf diese Initiative war durchzogen von Bedenken: Durch die Verfassungsbeschwerde gegen die Verpackungssteuer sei „es wieder völlig offen, ob die Steuer auch von der nächsten Instanz als verfassungsgemäß angesehen wird.“ (GRDrs 1253/2023). Mit dem vorliegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind diese Bedenken ausgeräumt. Weiter trug die Verwaltung vor: „Des Weiteren gibt es bisher noch keine Verpackungssteuersatzung, die sich in der Praxis bewährt hat.“ Steuern, die erstmalig erhoben werden haben sich selten zuvor in der Praxis bewährt. Neue Wege zu gehen kann manchmal mühsam und schmerzhaft sein – das sollte aber niemanden davon abhalten, einfach immer nur stehen zu bleiben.
Die Stuttgarter Verwaltungsspitze sah auch rechtliche Bedenken: „Im Zusammenhang mit der Einführung einer Verpackungssteuer ist auch das im Mai 2023 veröffentlichte Einwegkunststofffondsgesetz zu berücksichtigen.“ Das Bundesverfassungsgericht schreibt in seiner Pressemitteilung vom 22. Januar 2025: „Der Erhebung der Verpackungssteuer steht auch nicht mit Blick auf die Erhebung der Einwegkunststoffabgabe nach der bundesgesetzlichen Regelung des § 12 Einwegkunststofffondsgesetz der Grundsatz der Bundestreue in seiner Ausprägung als Kompetenzausübungsschranke entgegen. Denn jedenfalls entzieht die Verpackungssteuer dem Einwegkunststofffonds nicht missbräuchlich die finanzielle Grundlage.“ Und noch deutlicher: „Denn die mit der Verpackungssteuer verfolgten Lenkungszwecke stehen zu dem seit Inkrafttreten der Verpackungssteuersatzung am 1. Januar 2022 geltenden Abfallrecht des Bundes weder hinsichtlich dessen Gesamtkonzeption noch hinsichtlich konkreter Einzelregelungen in Widerspruch.“ Die rechtlichen Bedenken sind somit ausgeräumt.
Die üblichen Abwehrargumente der Verwaltungsspitze, dass keine geeigneten Bewerber:innen für die zu besetzenden Stellen zur Umsetzung einer Verpackungssteuer, werden fortlaufend von der Verwaltungsspitze vorgetragen und sind oftmals wenig glaubwürdig. Auch fehlende Büroräume werden immer als Hinderungsgrund angeführt. Abschließend stellte die Stuttgarter Verwaltungsspitze fest: Aufgrund der dargestellten Rahmenbedingungen kann derzeit kein Entwurf einer Satzung über die Erhebung einer Verpackungssteuer erarbeitet und vorgelegt werden.“
Unser Fazit: die Rahmenbedingungen haben sich dramatisch zum Besseren gewendet, wehalb der Erarbeitung einer Verpackungssteuersatzung oder Übernahme des Tübinger Modells nichts mehr im Wege steht.