Ausrufung des Klimanotstands für das Jahr 2024

Wir beantragen, folgenden Antrag nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg spätestens in der übernächsten Sitzung des Gemeinderats am 14.12.2023 auf die Tagesordnung zu nehmen und abzustimmen:

  1. Die Landeshauptstadt Stuttgart ruft für das Jahr 2024 den Klimanotstand aus.
  2. Der Oberbürgermeister fordert das Land Baden-Württemberg und die Bundesregierung dazu auf, ebenfalls den Klimanotstand auszurufen.

Begründung:

Sechs Anträge zum Thema Klimanotstand haben wir seit dem Jahr 2019 eingereicht: Antrag vom 8. April 2019: „Klimanotstand ausrufen!“ (Nr. 131/2019), Antrag vom 9. Mai 2019: „Antrag „Klimanotstand ausrufen!“ Nr. 131/2019 auf die Tagesordnung des Gemeinderats am 23. Mai setzen“ (Nr. 172/2019), Antrag vom 17. Mai 2019, „Ergänzung zum Antrag Klimanotstand 131/2019“ (Nr. 193/2019), Antrag vom 17. Juli 2019, „Stuttgart ruft den Klimanotstand aus“ (Nr. 240/2019), Antrag vom 8. November 2019, „Climate Emergency“ anerkennen und in Stuttgart ausrufen (Nr. 1210/2019), Antrag vom 31.08.2020 „Stuttgart ruft den Klimanotstand aus – Klimaneutralität bis zum Jahr 2030“ (Nr. 358/2020).

Für keinen der Anträge gab es Zustimmung von den anderen Fraktionen oder von der Verwaltungsspitze. Als Reaktion auf unseren Vorstoß legte der damalige Oberbürgermeister das Aktionsprogramm Klimaschutz „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ (GRDrs 785/2019) vor, welches Ende des Jahres ausläuft. In Sachen Klimaschutz liegt die Stadt Stuttgart in Sachen CO2-Ausstoß 4% über dem Zielwert – Am 20. Mai 2019 behauptete die Verwaltungsspitze: „Die Stadt wird das Thema Klimaschutz weiterhin prioritär behandeln (…)“. Das Ergebnis ist bestenfalls ernüchternd.

Ein Blick auf das Jahr 2023 verheißt ebenfalls nichts Gutes: 2023 wird das heißeste Jahr der Menschheitsgeschichte und 2024 wird dieses Niveau mindestens halten, wenn nicht noch klar übertreffen. Die globale Durchschnittstemperatur wird entgegen Prognosen bis Mitte 2023 schon dieses Jahr 2023 im Mittel ca. 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Durchschnitt liegen und nach verschiedenen Schätzungen dürfte 2024 im Bereich +1,5 bis +1,8 (1,7 sind eine vernünftige Erwartung) über dem vorindustriellen Temperaturniveau im globalen Mittel sein.

Damit wird erstmals die Gefahrenzone von 1,5 oder mehr Grad i.W. menschengemachter Erhitzung (s.u.) global erreicht, nachdem schon das Überschreiten von 1,0 Grad Erwärmung in den letzten beiden Jahrzehnten offensichtliche Probleme durch systematisch auftretende Wetterextreme ausgelöst hat. Eine starke Intensivierung dieser Probleme in bisher ungekanntem Ausmaß ist daher zu erwarten.

Ab 2025 dürfte das Temperaturniveau wieder etwas sinken, es ist also das 1,5 Grad Ziel von Paris noch nicht dauerhaft überschritten, ohne wieder auf Prä-2023 Temperaturen zu sinken (je nach ENSO-Lage ca. 1,4 Grad globaler Erwärmung) und zumindest vorübergehend wieder aus der Gefahrenzone geraten.

Zumal auch der ozeanische indische Dipol (im indischen Ozean, sozusagen ein kleiner Bruder von El Nino) gerade in die positive Phase der Aufheizung der Atmosphäre übergeht, was die Bedingungen für einen Super El Nino auf Basis des sich entwickelnden starken El Nino bildet.

Direkte Probleme in Stuttgart, die zu erwarten sind: erhöhte Gefahr und Intensität von v.a. für Kinder und alte Menschen lebensgefährlichen Hitzewellen und ebenfalls Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von starken Überschwemmungen sowie deren Ausmaß sowie rasche Wechsel zwischen beiden Lagen.

Globale Probleme, die auf Stuttgart Auswirkungen haben: die zu erwartenden Hitzewellen in Verbindung mit Dürren, tropischen Wirbelstürme, massiven Überschwemmungen und daraus folgenden Ernteausfällen werden die Lebensumstände vieler Menschen weltweit zeitweise bis dauerhaft zerstören, viele Tote fordern und massive Migrationsbewegungen auslösen.

Auswirkungen dieser globalen Probleme auf Stuttgart: steigende Lebensmittelpreise durch extreme Verknappung von Ernteerträgen in den Kornkammern der Welt und im eigenen Land sowie verschärfte Lage bei der Zuwanderung durch Flüchtlinge, die in ihrer Heimat nicht mehr überleben können z.B. durch extrem lebensbedrohliche bis tödliche Hitzewellen (indischer Subkontinent, naher Osten, Afrika).

Eine Ausrufung des Klimanotstands ist zwar formal rechtlich unverbindlich, stellt aber dennoch eine Basis dar, um weitreichende nötige Gegenmaßnahmen z.B. in Katastrophenschutz begründen zu können wie das Verbot des Füllens privater Pools bei vorhersehbarem Wassermangel.

Ursachen

Eine ungewöhnliche (möglicherweise durch menschengemachte Waldbrände (globale Erwärmung) in Australien beförderte) Folge von drei global kühlenden La Nina Ereignissen im Pazifik hatte die stets durch immer noch steigende menschliche Treibhausgasemissionen fortschreitende globale Erwärmung scheinbar für drei Jahre gestoppt und so darüber hinweggetäuscht, dass dieser von uns global ausgelöste Effekt einer globalen Temperatursteigerung von ca. +0,2 Grad pro Jahrzehnt weiter anhält. In Wirklichkeit wäre die Temperatur sonst schon auf ca. 1,3 Grad Erwärmung gestiegen, bei neutralen Bedingungen im Pazifik.

Nach dem Temperaturrekordjahr 2016, angetrieben von einem Super El Nino Ende 2015 (die größte natürliche Klimaschwankung im Erdsystem ist diese ENSO aus La Nina, Neutralität und El Nino), baut sich gerade erneut ein (der fünfte in über 100 Jahren Beobachtungsgeschichte) Super El Nino Ende 2023 auf, der global temperaturseitig 2024 erst voll durchschlägt und einen neuen Temperaturrekord 2024 auslösen dürfte.

Darüber hinaus wird eine Rekord-Erhöhung der Ozeanoberflächentemperatur weltweit beobachtet, die nicht direkt auf den El Nino zurückzuführen ist, aber ebenfalls zur langsamen weiteren Aufheizung der Atmosphäre beiträgt. Ein (eher kleiner) Teil dieses Effekts kommt von neuen Regeln für die Hochseeschifffahrt, die seit 2020 weniger Schwefel im Schiffskraftstoff verwenden darf, was zum deutlichen Rückgang der Schwefelemissionen über den Weltmeeren geführt hat und somit zu weniger Reflexion von Sonnenlicht durch die entstehenden Schwefelsäuretröpfen sowie Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen. Vor wenigen Jahren hat der unterseeische Tonga-Vulkanausbruch zudem große Mengen des starken Treibhausgases Wasserdampf bis in die Stratosphäre geschleudert, wo dieser anders als in der darunter liegenden, wetterrelevanten Troposphäre jahrelang verbleibt und ebenfalls die Atmosphärentemperatur geringfügig steigert. Schließlich befindet sich die Sonne vor einem (allerdings nicht starkem) Aktivitätsmaximum und leistet ebenfalls einen kleinen Beitrag zum Temperaturanstieg. Die extrem starke, auf einem neuen Rekordniveau liegende Meereisschmelze in der Antarktis trägt ebenfalls zur Erwärmung bei (weniger Sonnenlichtreflexiion)