Streckensperrung wegen ETCS – der Totalausfall des Bahn-Projektmanagements bei S21 und die Blockade der Stuttgarter Verkehrswende

Wir beantragen, dass die Bahn AG und die Verwaltungsspitze am 21. März im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik unter TOP 3.a) zu folgenden Fragen Stellung nehmen:

  1. Welche Planungsfehler wurden bei dem ETCS Projekt für die Stuttgarter S-Bahn gemacht?
  2. Warum hat die Bahn AG die Geldgeber:innen Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart sowie das Land Baden-Württemberg nicht über die geplanten Sperrungen frühzeitiger informiert?
  3. Seit wann weiß die Bahn AG, dass sie die Strecke sperren will / soll / muss?
  4. Was genau hat die Bahn AG alles versucht, um die Streckensperrungen zu vermeiden?
  5. Warum gibt es keine milderen Mittel als eine vollständige Sperrung über viele Monate hinweg?
  6. Plant die Bahn AG in Zukunft, ihre Kund:innen, Projektpartner:innen, Geldgeber:innen über so massive Einschränkungen wie Totalsperrungen mit einem längeren Vorlauf wie 42 Tage zu informieren?
  7. Welche weiteren Sperrungen im Zuge der Umsetzung des ETCS Projekts in Stuttgart und Region werden in den nächsten Jahren erfolgen?
  8. Warum geben weder die S-Bahn Stuttgart noch die Bahnprojektgesellschaft Stuttgart Ulm (S21), zumindest auf ihrer Webseite Informationen über die geplanten Streckensperrungen bekannt?
  9. Warum hat die Bahn AG sechs Wochen vor der Totalsperrung immer noch kein vollständiges Schienenersatzverkehrskonzept erarbeitet?
  10. Welches Schienen-Ersatzverkehrskonzept hat die Bahn AG für die geplanten Streckensperrungen erarbeitet?
  11. Welche Kapazitäten bietet das Schienenersatzverkehrskonzept?
  12. Welche Entschädigungen wird die Bahn AG ihren Kund:innen für die Zeit der Sperrung anbieten?
  13. Ist der Schienenersatzverkehr durchgehend barrierefrei? Wenn nein warum?
  14. Welche Möglichkeiten bestehen für diejenigen Fahrgäste, die ihr Fahrrad auf der gesperrten Strecke mitnehmen möchte? Ist der Schienenersatzverkehr für die Fahrradmitnahme ausgelegt?
  15. Wie hoch sind die Kosten durch die Sperrung und den Schienenersatzverkehr?
  16. Welche Maßnahmen plant die S-Bahn Stuttgart, um nach Ende der Sperrungen Fahrgäste zurückzugewinnen?
  17. Mit wie vielen Kündigungen durch Stammkund:innen rechnet die Bahn AG durch die kurzfristig anberaumten Sperrungen?
  18. Wie hoch schätzt die S-Bahn Stuttgart (Bahn AG) die Zahl derjenigen, die aufgrund der Sperrungen kurz- mittel und langfristig auf andere Verkehrsmittel umsteigen werden?

Darüber hinaus wollen wir von der Stuttgarter Verwaltungsspitze wissen:

  1. Seit wann war die Stuttgarter Verwaltungsspitze in die geplanten Sperrungen eingeweiht?
  2. Hat sich die Stuttgarter Verwaltungsspitze als Mitfinanziererin des ETCS-Projekts regelmäßig Informationen von der S-Bahn Stuttgart und der Bahn AG zur Umsetzung geholt?
  3. Gab es regelmäßige Informationen über den Umsetzungsstand des ETCS-Projekts von der Bahn AG an die Stadt Stuttgart? Wenn ja, worüber wurde informiert?

Begründung:

1050 Tage sind bereits vergangen, seit die Entscheidung gefällt wurde, dass der Stuttgarter Bahnknoten mit der digitalen Sicherungstechnik European Train Control System (ETCS) ausgestattet wird. Mit den jetzt extrem kurzfristig angekündigten Streckensperrungen legt die Bahn AG ein weiteres Mal ein Eingeständnis ab, dass sie befreit von jeglicher Projektmanagementkompetenz panisch zum letzten Mittel Streckensperrung greift und damit die dringend notwendige Verkehrswende weiter sabotiert. Angesichts der Chronologie der Ereignisse muss spätestens jetzt jedem klar sein, dass das Milliardenprojekt Stuttgart 21 der größte Bremsklotz bei der Verkehrswende ist.

  • Am 31.01.2020 hat der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer den offiziellen Startschuss für die bundesweite Digitalisierungsoffensive der Deutschen Bahn verkündet.
  • Am 24. April 2020 entschied der Lenkungskreis S21, dass ETCS realisiert wird. Nachzulesen in: (Beschluss Lenkungskreis S21 zum digitalen Knoten Stuttgart (ETCS) GRDrs 348/2020)
  • Am 10. März 2023 verkündet die Bahn, durch den „Vervielfachungseffekt bei der Verkabelung“ müsse man systematisch im Raum Stuttgart Eisenbahnstrecken sperren, die Nah- Regional- und Fernverkehre massiv stören.

Zwischen Realisierungsbeschluss für ETCS und Ankündigung von Streckensperrungen lagen 1050 Tage – in denen offensichtlich rein gar nichts sinnvoll geplant oder gar gearbeitet wurde. Dass die Verlegung von Kabeln Streckensperrungen zwingend nach sich ziehen soll, ist im Außenfeld niemandem begreiflich. Umso bezeichnender, dass in der Folge weder auf der Webseite der Bahn AG noch auf der Webseite der S-Bahn –Stuttgart (die bedauerlicherweise von der Bahn AG betrieben wird) keinerlei Erklärung zu den unmittelbar bevorstehenden Streckensperrungen zu lesen war (Stand 13. März 2023). Systematische Des- und Nichtinformation waren bislang exklusiv beim Milliardenprojekt Stuttgart 21 angesiedelt.

Die geplanten Streckensperrungen werfen eine Menge Fragen auf, die dingend öffentlich beantwortet werden müssen. Dies hätte längst weit im Vorfeld geschehen müssen.