In der Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung vom 3. September 2022 („100 Kündigungen schaffen Platz für Flüchtlinge“) ist zu entnehmen, dass die Stadtverwaltung auf der Suche nach Immobilien zur Unterbringung von Geflüchteten mit einem offenbar ausgesprochen dreisten, bzw. eventuell widerrechtlich handelnden Immobilienbesitzer verhandelte. Dieser hatte mit Blick auf die Chance einer institutionellen Vermietung, den Mieter:innen seiner Immobilie mit insgesamt 269-Einzimmer-Wohnungen binnen einer Vier-Wochen-Frist (!) gekündigt. Er wolle renovieren, so der fadenscheinige Vorwand für die Kündigungen. Es handelt sich um überwiegend möblierte Wohnungen, die von Studierenden, ausländischen Mitbürger:innen und Menschen mit geringem Einkommen oder Sozialleistungsbezug bewohnt werden.
Die wohnungspolitische Sprecherin der FrAKTION Johanna Tiarks stellt die Frage: „Der Stadt muss doch bei den Verhandlungen mit dem Besitzer klar gewesen sein, dass das Haus bereits vermietet ist und dass es erst geräumt werden müsste, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Uns interessiert daher, wie kam es dazu, dass die Immobilie überhaupt als Flüchtlingsunterkunft in Frage kam? Ab welchem Zeitpunkt wurden die Gespräche und Vertragsverhandlungen endlich eingestellt?“
Der migrationspolitische Sprecher Luigi Pantisano ergänzt: „Es ist ein riesiger Skandal, dass Geflüchtete bewusst gegen Mieter:innen mit geringem Einkommen in Stuttgart durch Zutun der Stadtverwaltung gegeneinander ausgespielt werden. Zudem ist es unerträglich, dass windige Immobilienbesitzer überhaupt die Chance bekommen, auf dem Rücken der Ärmsten und mit kommunalen Finanzen durch die Kostenübernahme von Unterkünften große Gewinne zu machen. Der gesamte Vorgang muss dringend aufgeklärt und die betroffenen Mieter:innen müssen mit bezahlbaren Wohnungen versorgt werden.“
Hannes Rockenbauch, Fraktionsvorsitzender der FrAKTION, kritisiert die Wohnungspolitik der Stadt: „Unter OB Frank Nopper haben wir in fast zwei Jahren noch nicht eine Initiative zur Beseitigung der Wohnungsnot in Stuttgart gesehen. Es ist daher keine Überraschung, dass die Stadt jetzt mit windigen Investoren Geschäfte machen will, zumal die Wohnungs- und Mietenpolitik der Stadt ein Totalausfall ist.“ Rockenbauch betont auch: „Wir sehen einen Bedarf an Kurzzeit-Wohnungen auch jenseits der Geflüchteten aus der Ukraine. Aber die Bestandsmieter:innen gegen Geflüchtete auszuspielen, ist ein skandalöser Vorgang, den sich die Stadt nicht leisten kann.“