Wir beantragen,
- dass das Gesundheitsamt prüft, wie es ermöglicht werden kann, allen gemeldeten Prostituierten in Stuttgart ohne Krankenversicherung, eine kostenlose Krankenversicherung anbieten zu können.
Begründung:
Prostituierte sind aufgrund ihres Berufs besonderen psychischen und physischen Gesundheitsgefahren ausgesetzt. Dabei geht es nicht nur um Geschlechtskrankheiten wie Tripper, Chlamydien oder Syphilis, sondern auch um physische und psychische Beschwerden aufgrund der ausgeübten Tätigkeit.
Auch, aber nicht nur im Falle von physischen Misshandlungen resultieren in einigen Fällen langwierige psychische Leiden. Im schlimmsten Fall entwickeln sich daraus konkrete Suizidgedanken. Ohnedies bereits angeschlagen durch ihre Lebensverhältnisse und das soziale Stigma, haben viele Frauen, die sich prostituieren, mit posttraumatischen Belastungsstörungen zu kämpfen. Da sie oftmals keinen (leistbaren) Zugang zu Psychotherapie haben, greifen sie zu Schmerz- und Beruhigungsmitteln sowie Drogen und Alkohol, um dem Alltag zu entfliehen.
Durch – von Freiern geforderte – immer perversere und hochriskante Sexualpraktiken sind die Infektionsraten und Verletzungen gestiegen. Von AFF = Analer Faustfick (die geballte Faust im Mastdarm) über GB = Gesichtsbesamung (Ejakulation in das Gesicht) bis hin zu FP = Französisch pur (Oralverkehr ohne Gummi) und Nsp = Natursekt passiv (Frau lässt sich anpinkeln) ist alles vertreten.
Das Lesen eines Berichts der Frauenärztin Liane Bissinger über die körperlichen Schäden der Prostitution ist schwer zu ertragen. Sie berichtet von zerstörter Darmflora, Zahn-Mund-Kiefer-Erkrankungen, Hautekzemen, überall Schmerzen und häufig Schmerzen in den Hüftgelenken (durch stundenlanges Ertragen der schweren Gewichte der Freier über ihnen mit den gewalttätigen Stößen), irreversible Beckenboden-Schwächen mit Schwierigkeiten, den Urin bzw. den Stuhlgang zu halten, etc.. Weitere Folgen sind eine beschleunigte Alterung, permanente Bauchschmerzen und Gastritis sowie häufige Infektionen.
Gynäkolog:innen, die mit Frauen in der Prostitution arbeiten, berichten, dass schwangere Frauen mittlerweile sehr begehrt bei den Sexkäufern sind. So sind späte Abtreibungen im Ausland sehr häufig oder viele Frauen geben kurz nach der Geburt ihr Kind zur Adoption frei. Der Stress und die emotionale Situation der schwangeren Frauen bei der Ausübung von Sex am Fließband sind nicht nur für die werdende Mutter schädlich, sondern auch für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib.
Die verpflichtende Untersuchung vom Gesundheitsamt decken nicht den gesamten notwendigen Bereich der Gesundheitsversorgung von Prostituierten ab. Aufgrund dessen ist es dringend notwendig, dass Prostituierte sich unkompliziert in medizinische Versorgung begeben können.
Wenn es zu einem medizinischen Notfall oder zu einer notwendigen medizinischen Versorgung kommt, sind nicht versicherte Prostituierte teilweise mit sehr hohen Rechnungen konfrontiert.
Diese werden teilweise auch vom Sozialamt übernommen (Notfälle), aber trotzdem kommt es zu Situationen, in denen Prostituierte daraufhin hohe Schulden haben und, um diese abzahlen zu können, ihren Umsatz steigern müssen.
Gesundheit ist ein vielschichtiges Thema und wir sollten in Stuttgart es den Prostituierten ermöglichen, ohne Sorge und in jeder Situation zu einer Ärztin oder ins Krankenhaus gehen zu können. Aufgrund dessen wünschen wir uns eine kostenlose Krankenversicherung für Prostituierte in Stuttgart.